Kostenexplosionen stoppen!

Planung und Realität – Warum das eine mit dem anderen oft nichts zu tun hat!

Immer mehr Bürger stehen  großen öffentlichen Bauvorhaben zunehmend skeptisch gegenüber. Sie wehren sich immer öfter gegen die ewigen Kostensteigerungen, weil sie den Eindruck haben, dass  die öffentlichen Bauherren – Politik und Verwaltung – offensichtlich nicht über die  ausreichende Sachkompetenz verfügen, um komplexe Bauprojekte stemmen zu können. Ihr Eindruck kann nicht einfach von der Hand gewiesen werden. Ein ums andere Mal haben sich Großbauprojekte, wie der Flughafen Berlin Brandenburg oder die Elbphilharmonie, bei ihrem Bau durch Baukostensteigerungen und Bauzeitüberschreitungen von Wahrzeichen zu Mahnzeichen gewandelt.
 

Dennoch darf nicht jede Überschreitung des Baukostenbudgets automatisch mit einer Verschwendung von Steuergeld gleichgesetzt werden. Manche Umstände sind schwer oder gar nicht beeinflussbar – wie schlechte Witterungsbedingungen, Preissteigerungen für Rohstoffe oder schwer kalkulierbare Risiken –, die die Kosten in die Höhe schnellen lassen können, ohne dass dies den Projektbeteiligten zur Last gelegt werden kann. Trotzdem stellen wir in unseren Schwarzbuchfällen immer wieder fest, dass vermeidbare Fehler begangen werden, die zu Baukostenexplosionen führen. Diese Faktoren müssen dann näher unter der Betrachtungsweise einer Steuergeldverschwendung untersucht werden.
 

Viele der negativ auf das Bauvorhaben wirkenden Faktoren sind von Politik und Verwaltung hausgemacht. Dazu gehört oft eine klare Missachtung der elementaren gesetzlichen Vorschriften zum öffentlichen Bauen und zur öffentlichen Vergabe. Würden die bestehenden Vorschriften und Regularien sachgerecht angewandt, wären Kostenexplosionen wie beim Flughafen Berlin Brandenburg gar nicht möglich.
 

Fehlplanung67%
Baupreise23%
Kommunikation29%
Management8%
Kostenkontrolle61%
Planungs-
Änderungen
83%

Da die Bürger das Recht darauf haben, dass der Staat sorgsam und vernünftig mit ihrem Geld umgeht, müssen Großbauvorhaben von Anfang an auf eine solide Basis gestellt werden. Wird bereits an der Startlinie eines Projekts mit fehlerhaften Annahmen begonnen und werden diese Anfangsmängel erst in der Bauausführung erkannt, kann die Kostenexplosion in der Regel nicht mehr aufgehalten werden. Das bedeutet, dass dann eine sogenannte baubegleitende Planung notwendig wird, die zwar dafür sorgt, dass das Projekt zu Ende gebracht werden kann, aber die  oft zu eklatanten Preissteigerungen und damit zu einer Verteuerung des Gesamtprojekts führt. Das ist weder im Sinne der Steuerzahler noch der Politik noch der Verwaltung.
 

Erschwerend kommt hinzu,  dass die Verantwortlichen potenzielle Schwierigkeiten gern ausblenden. Bei vielen Bauprojekten werden die kalkulierten Kosten zunächst möglichst klein und der Nutzen möglichst groß gerechnet, wenn es darum geht, für ein Projekt Mehrheiten in Parlament und Bevölkerung zu sichern. Gleichzeitig wissen sowohl Auftragnehmer als auch Verwaltung, dass später auftauchende Zusatzkosten ohnehin finanziert werden müssen. Die beteiligten Akteure vertrauen darauf, dass schon die zahlungskräftige öffentliche Hand – letztlich der Steuerzahler – für diese Zusatzkosten aufkommen wird.
 

Missstände und Lösungen:

Was also ist zu tun, um Baukostenexplosionen effektiv entgegenzutreten? Im Folgenden geben wir einen detaillierten Überblick über die Problemlagen bei Großbauprojekten und zeigen zugleich Lösungsvorschläge, wie Kostenexplosionen vermieden werden können.

1. Problem

  • Es werden keine umfassenden Bedarfsbeschreibungen erarbeitet.
  • Es werden nicht ausreichende oder unrealistische Wirtschaftlichkeitsberechnungen erstellt. Weder bei der Bedarfsfeststellung noch im weiteren Verlauf der Bauplanung werden die Vorgaben der Haushaltsordnung eingehalten.
  • Es werden keine Machbarkeitsstudien durchgeführt.
  • Es werden keine ausreichenden Kostenvergleiche angestellt.
  • Es werden keine Entscheidungsunterlagen mit Kostenobergrenzen angefertigt.

1. Lösung

Eine mangelhafte Vorbereitung eines Großbauvorhabens ist der Grundstein für Probleme, die sich anschließend durch das gesamte Projekt ziehen und die insbesondere zu Bauzeit- und Baukostenüberschreitungen führen. Daher ist es wichtig, speziell am Anfang mehr in die Projektvorbereitung zu investieren – beispielsweise für exakte Bedarfsermittlungen und valide Prognosen –, auch wenn dies erst einmal die Planungskosten erhöht. Am Ende jedoch zahlt sich eine solide Vorbereitung für alle aus.

2. Problem

  • Es findet keine umfassende Gesamtplanung vor Baubeginn statt.
  • Häufigste Ursache  von  Kostenexplosionen: die baubegleitende Planung. Dabei erfolgen die Ausführungsplanungen einschließlich aller Fachplanungen, wie Heizung, Lüftung oder Brandschutz, erst während des Baus.
  • Durch eine mangelhafte Gesamt- und Ausführungsplanung werden vermeidbare Nachträge fällig. Diese werden dem öffentlichen Auftraggeber erst nach der Ausführung der Bauleistungen mitgeteilt.
  • Vergaben von Bauleistungen während der Baudurchführung werden nicht nach den Regeln des Vergabehandbuchs durchgeführt.
  • Der öffentliche Auftraggeber greift bei Kostensteigerungen nicht oder zu spät ein.

2. Lösung

Die Gesamtplanung und die daraus resultierende Vergabe der Bauleistungen müssen enger mit der Bauausführung abgestimmt werden. Es ist sinnvoll, Bauunternehmen bereits in der Planungsphase mit ins Boot zu holen. Somit können Streitigkeiten zwischen Bauherren, Planern und Bauausführenden vermieden werden. Zudem müssen eine bessere Kostentransparenz und -wahrheit sichergestellt werden.

 

3. Problem

  • Es findet keine ausreichende Überwachung der genehmigten Planziele statt.
  • Es erfolgt keine klare Aufteilung der Aufgaben und Kompetenzen.
  • Es findet keine ausreichende Koordinierung aller Projektbeteiligten statt.
  • Eine Früherkennung möglicher Termin-, Kosten- und Qualitätsstandardkollisionen wird unterlassen.
  • Es wird keine Erfolgskontrolle der Ziele (Soll-Ist-Vergleiche) durchgeführt.
  • Zielkonflikte (z. B. Lärmschutz- und Brandschutzmaßnahmen) werden nicht erkannt.
  • Es findet keine rechtzeitige Feststellung der finanziellen Auswirkung auf die Haushalte statt.

3. Lösung

Hier ist mehr Projektmanagementkompetenz auf Seiten des öffentlichen Auftraggebers als auch der Planer nötig. Die am Bau beteiligten Unternehmen sollten stärker einbezogen werden. Dadurch können Konflikte an den Schnittstellen der vielen unterschiedlichen am Bau beteiligten Gewerke eingedämmt werden. Zusätzlich müssen Abweichungen von dem Planbudget besser überwacht werden.

 

4. Problem

  • Es wird zu einseitig auf die reine Baurealisierung fokussiert.
  • Dauerhaft anfallende Unterhalts- und Betriebskosten werden gar nicht kalkuliert oder aber unterschätzt.
  • Einnahmeerwartungen kollidieren mit der Realität aufgrund überzogener Annahmen und Prognosen.
  • Die finanziellen Folgen für die Haushalte werden den parlamentarischen Gremien nicht ausreichend dargelegt.
  • An defizitären Projekten wird zu lange festgehalten.

4. Lösung

Gerade große Bauprojekte sollen einen langfristigen Nutzen für die Steuerzahler haben. Daher müssen diese Maßnahmen auch im Rahmen eines Lebenszyklus‘ betrachtet werden. Dieser besteht nicht nur aus der Errichtung des Baus, sondern ebenso aus seinem langfristigen Betrieb. Um realistische Kostenprognosen zu erhalten, müssen belastbare Annahmen getroffen werden. Dabei muss das Augenmerk verstärkt den Betriebskosten gelten.

Aus diesen Punkten ergibt sich, dass bei allen Großbaumaßnahmen eine gründliche Vorbereitung, Gesamtplanung und Kontrolle das A und O sind. Bereits vor Baubeginn müssen die Gesamtkosten mit einer abschließenden Planung aller Fachbereiche ermittelt werden. Auch für die parlamentarische Legitimation des Projekts ist dies von Bedeutung, da nur bei realistisch ermittelten Gesamtkosten der Auftraggeber beziehungsweise das genehmigende Parlament eine realistische Entscheidung für oder gegen eine Genehmigung einer Maßnahme treffen und die finanziellen Haushaltsauswirkungen abschätzen kann. Ansonsten drohen nämlich fast zwangsläufig Mehrkosten durch die baubegleitende Planung, wie die Beispiele Flughafen Berlin und Brandenburg und Elbphilharmonie leidvoll zeigen.
 

Noch etwas anderes ist auffällig und muss künftig besser bedacht werden: Oftmals entstehen Mehrkosten auch dadurch, dass die Politik zwar Verträge mit Dritten abschließt, dabei aber die Bauverwaltungen (Landesbetriebe) nicht als Experten einbindet. Das sollte aber eine Selbstverständlichkeit sein, sitzen doch gerade in den Bauverwaltungen diejenigen Experten, die der Politik beratend zur Seite stehen können. Aus diesem Umstand drohen zusätzliche Gefahren für die Projekte, denn die für die öffentliche Hand bindenden Richtlinien und Verordnungen werden nicht oder nur teilweise in die entsprechenden Verträge aufgenommen. Der Grundsatz eines ordentlichen und gesetzeskonformen öffentlichen Bauens wird dadurch missachtet.
 

Fazit

Politik und Verwaltung haben es selbst in der Hand, die teils gravierenden Kostenexplosionen bei Bauprojekten künftig auszuschließen. Wir fordern sie auf, die bereits vorhandenen Instrumente konsequent anzuwenden. Gleichzeitig muss das Kostenbewusstsein – speziell auch bei Großprojekten – erheblich geschärft werden. Vor allem die Politik ist gut beraten, sich nicht allein von der Strahlkraft großer Projekte blenden zu lassen, sondern den Kostenaspekt nicht aus den Augen zu verlieren. Nicht nur gegenüber den Nutzern eines fertiggestellten Projekts, auch allen anderen Bürgern gegenüber tragen sie Verantwortung im Hinblick auf Kostenwahrheit und Kostenklarheit. Diese Verantwortung müssen Politik und Verwaltung stärker wahrnehmen als bisher.


Achtung: Mischfinanzierung!

Mehr Wirrwarr, mehr Aufwand, weniger Kontrolle

Ein Sprichwort besagt: „Viele Köche verderben den Brei.“ Auch wenn es ums Geld geht – ums Geld der Steuerzahler – bringen die Eigeninteressen der Politik das Gemüt der Steuerzahler regelmäßig zum Kochen, nämlich immer dann, wenn ein politischer Mix unterschiedlicher Interessenlagen zu Steuergeldverschwendung führt.

Zu diesem Mix gehört die sogenannte Mischfinanzierung: Eine öffentliche Aufgabe, die dazugehörigen Ausgaben und die Verantwortung werden verteilt –also vermischt.
 

 

Hauptprobleme

Fehlanreize zu Mehrausgaben

Unnötige Ausgaben werden hauptsächlich durch eine gespaltene Nutzen-Kosten­-Betrachtung verursacht. Bei mischfinanzierten Projekten wird meistens der Nutzen umfassend, aber nur ein Teil der Kosten in das Entscheidungskalkül der aus­führenden und mitfinanzierenden Ebene einbezogen. Beispielsweise müssen Kommunen teilweise nur 10 Prozent Eigenfinanzierungsanteil zu bestimmten Investitionsprojekten beisteuern, den Rest trägt entweder der übergeordnete Kreis, das Land, der Bund oder sogar mehrere gleichzeitig. Somit erscheint das jeweilige Projekt durchaus bequem finanzierbar und von Vor­teil. Folglich ist die Bereitschaft groß, Geld auszugeben, das bei alleiniger Gesamtzuständigkeit nicht oder zumindest in geringerem Umfang bereitgestellt würde. Weil Mischfinanzierungen außerdem eine sehr weit verbreitete Fi­nanzierungspraxis ist, binden sie somit übermäßig viel Steuergeld.

Doppelstrukturen

Mischfinanzierungen führen auch deshalb zu Mehr­aufwand, weil beim Zusammenwirken mehrerer Akteure zwangsläufig Doppel- oder sogar Mehrfacharbeiten erforderlich werden, nämlich Arbeiten auf jeder  beteiligten Ebene und häufig auch noch in speziel­len Abstimmungs- bzw. Koordinierungsgremien. Umfangreiche Antrags-, Prüfungs-, Abstimmungs- ­und Bewilligungsverfahren und viele Regelungen des Zusammenwirkens verursachen einen hohen Bürokratieaufwand.

Kontrolldefizite

Bei Mischfinanzierungen ist die Kontrolle, ob das Geld vor Ort wirklich zweckgerecht eingesetzt wurde, oftmals mangelhaft. Das folgt aus dem besonderen Anreiz zu überhöhten Ausgaben bei den Beteiligten, aus der Verwi­schung der Zuständigkeiten und der insgesamt schweren Durchschaubarkeit des gesamten Ge­flechts, in das zu viele Akteure einbezogen sind. Die geldgebenden Stellen haben es schwer, die Geldverwendung ausreichend zu prüfen, denn ihnen werden Informationen vorenthalten und häufig die Kooperation der Geldempfangenden verwehrt, da Geldgeber und Geldnehmer nicht immer dieselben Interessen verfolgen. Zudem verfügt der Bundesrechnungshof kaum über Möglichkeiten, bei Mischfinanzierungen gebietskörperschaftsübergreifend prüfen zu dürfen.

Besitzstandsdenken

Ein weiteres Problem ergibt sich dadurch, dass bei großen Mischfinanzierungsmaßnahmen, wie zum Beispiel bei den verschiedenen Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern, die Bundesregierung und 16 Landesregierungen in der Regel zusammen über die Planung und Finanzierung zu beschließen haben. Solche multila­teralen Entscheidungen sind sehr aufwendig und können zulasten Dritter gehen, denn sie sind häufig durch Egoismen und Besitzstandsdenken Einzelner geprägt, was der eigentlichen Zielsetzung der Gesamtmaßnahme zuwiderläuft und einen effizien­ten Einsatz von Steuergeld verhindert. Einmal festgelegte Verteilungsschlüssel lassen sich dann selbst bei sich verändernden Prioritäten nur bei Aufstockung des gesamten Finanzvolumens verändern.

Tunnelblick

Zur Ausweitung der Ausgaben trägt auch das Zusammen­wirken der Fachleute in den Verwaltungen der verschiede­nen Ebenen bei. Die Erfahrungen zeigen, dass die Fachleute auf die konkrete Maßnahme, zumeist Investitionen, fixiert sind, diese stetig verfeinern und ausbauen und dabei etwaig entstehende Folgekosten aus den Augen verlieren. Die Folgekosten sind in der Regel jedoch nicht durch die Mischfinanzierung abgedeckt, belasten aber dauerhaft den Haushalt der investierenden Ebene. So entstehen neue Ausgaben, die ohne Mischfinanzierung gar nicht oder in geringerem Umfang angefallen wären.

Demokratische Defizite

Grundsätzlich laufen Mischfinanzierungen dem föderalen System unseres Staatsaufbaus zuwider, da dadurch die eigenständige und eigen­verantwortliche Aufgabenerfüllung ausgehebelt wird. Bei Mischfinanzierungen besteht ein Kooperationszwang allein zwischen Regierungsebenen und exekutiven Verwaltungsebenen. Dadurch wird die Einbindung der Parlamente zurückgedrängt. Diese Kooperationen sind durch bürokratisches Problemlösungsverhalten gekennzeichnet, das eher auf ein Kurieren der akuten Symptome eines Problems abzielt als auf eine Gesamttherapie des strukturellen Grundproblems. Dabei sind Macht-, Positions- und Statusgewinne oft wichtiger als die Suche nach sachgerechten Lösungen. Parlamente und Bürger bleiben bei diesen Entscheidungen außen vor, sodass die eigentlichen Bedürfnissen der Bürger vor Ort nicht erfüllt werden.

Eigendynamik

Auch wenn Mischfinanzierungen eine sehr lange Tradition haben, kann dies kein Argument für ihre Berechtigung und Notwendigkeit sein. Nur weil sich die Politik bei finanziellen Kooperationen aktiv zeigt, heißt dies noch lange nicht, dass diese Aktivitäten auch sinnvoll sind. Vor allem der Bund legt seine Zuständigkeiten gegenüber den Ländern und zunehmend auch den Kommunen oft großzügig aus. Er mischt sich immer wieder mit neuen Aufgaben und Geld in Bereiche ein, die ihn laut Grundgesetz nicht betreffen. Diese sogenannten ungeschriebenen Zuständigkeiten nutzt der Bund weidlich aus, sodass die politische Praxis im Laufe der Zeit eine enorme Eigendynamik bei Anzahl und Vielfalt von Mischfinanzierungen entwickelt hat.

Fehlverwendung

<p>Ob Finanzzuweisungen der Länder an die Kommunen oder des Bundes an die Länder – immer wieder kommt es vor, dass ursprüngliche Zielsetzungen von Mischfinanzierungen verwässert werden und sie dadurch ihre ursprüngliche Aufgabenstellung verlieren. So wurden beispielsweise mit der Föderalismusreform&nbsp;I mehrere Mitfinanzierungen des Bundes, wie etwa beim gemeinsamen Hochschulbau oder der Bildungsplanung, abgeschafft. Durch Politgeschacher haben die Länder dem Bund aber sogenannte Entflechtungsmittel als Kompensation (2,6&nbsp;Mrd. Euro pro Jahr) abgetrotzt. Diese Mittel werden seit 2007 gezahlt - egal, ob die Länder das Geld in diesem Umfang überhaupt benötigen. Der Druck der Länder hat sogar dazu geführt, dass die Bundesmittel seit 2014 ohne die anfängliche Zweckbindung ausgegeben werden dürfen. Obwohl die Entflechtungsmittel dadurch gar nicht mehr ihren Zweck erfüllen, werden sie trotzdem gezahlt.</p>

Prioritätenverzerrung

Weil andere Gebietskörperschaften Finanzmittel zur Verfügung stellen, verwundert es nicht, dass die ­Empfänger jenen Aufgabenbereichen und Projekten besonderen Vorrang einräumen, bei denen eine Mischfinanzierung möglich ist. Dadurch kommt es zu Prioritätenverzerrungen: Projek­te beziehungsweise Ausgaben erhalten nur deshalb Vorrang, weil sie von anderen mitfinanziert werden, nicht aber, weil sie von der Sache her die beste Lösung sind. So wird auf den einzelnen Ebenen beziehungsweise bei den ein­zelnen Gebietskörperschaften eine rationale Aufga­benplanung beeinträchtigt. Es kommt zu ineffizienter öffentlicher Aufgabenerfüllung, wodurch überhöhte Ausgaben und Lasten verur­sacht werden.


Abenteuer Kommunalwirtschaft

Wenn Städte und Gemeinden Unternehmer spielen… …dann steigt das finanzielle Risiko für Steuerzahler

Immer mehr Städte und Gemeinden betätigen sich als Unternehmer. Sie beschränken ihre Tätigkeiten längst nicht mehr nur auf Bereiche, die der „klassischen Daseinsvorsorge“ zuzurechnen sind. Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich so mancher Saunatempel, Fitness-Club, Freizeitpark oder Regionalflughafen als öffentliches Unternehmen. Auch kommunale Kinos, Reisebüros oder Weingüter sind keine Ausnahme mehr. Damit geht das Engagement vieler Städte und Gemeinden weit über den Betrieb von Kitas, Schulen, Kultureinrichtungen oder den Bürgerservice hinaus, was eigentlich die Kernarbeit der 11.200 Kommunen sein sollte.
 

Mit dem wirtschaftlichen Engagement der Kommunen gehen häufig erhebliche Risiken einher. Leidtragender ist oft der Steuerzahler. Der Bund der Steuerzahler macht es sich daher zur Aufgabe, die Risiken und Belastungen, die sich aus der unternehmerischen Tätigkeit von Kommunen ergeben, aufzudecken.
 

Die Zahl der Unternehmen, die sich in kommunaler Hand befinden, hat sich in den vergangenen 10 Jahren um knapp 25 Prozent erhöht. Ende 2011 gab es mehr als 13.400 Kommunalunternehmen. Diese Unternehmen sind meist durch die Ausgliederung von Aufgaben aus den gemeindlichen Verwaltungen, durch Neugründungen oder durch Mehrheitsbeteiligungen entstanden. Bei der Vielzahl der Kommunalunternehmen wundert es nicht, dass sie einen substanziellen Bestandteil der deutschen Wirtschaft sind: Mit einem Umsatzvolumen von inzwischen 270 Mrd. Euro (2011) erwirtschaften sie einen Anteil von rund 10 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung Deutschlands.
 

Die Kommunen üben ihre Aktivitäten in unterschiedlichen Organisationsformen aus. So gibt es etwa Eigenbetriebe, die als Sondervermögen mit eigener Kostenrechnung geführt werden. Eigenbetriebe sind haftungsrechtlich direkt mit der Kommune verbunden. Schulden des Eigenbetriebs sind damit rechtlich gesehen auch Schulden der Trägerkommune. Darüber hinaus gibt es noch Anstalten öffentlichen Rechts oder privatrechtlich gestaltete Organisationsformen wie GmbHs oder AGs. Gehören der Kommune sämtliche Anteile eines Unternehmens, wird es auch als Eigengesellschaft bezeichnet. Gehört der Kommune nur ein Teil der Anteile, handelt es sich um eine Beteiligungsgesellschaft.
 

Viele Kommunalunternehmen sind gesellschaftlich sinnvoll, denn sie schaffen lokale Infrastrukturen und erbringen Leistungen, die für Bürger und Wirtschaft elementar sind. Dazu gehören Unternehmen aus dem Versorgungsbereich, der Wasserwirtschaft, dem Wohnungsbau, dem Gesundheitswesen und natürlich der öffentliche Nahverkehr.
 

Nicht immer wird jedoch mit Kommunalunternehmen das Ziel der klassischen Daseinsvorsorge verfolgt, auch wenn die Politik dies beharrlich behauptet. Viele Kommunen sind in einer Haushaltsschieflage. So scheinen ihnen öffentliche Unternehmen ein geeignetes Mittel, um noch mehr Kredite zu bekommen, denn öffentliche Unternehmen können mit einer eigenen Kreditermächtigung ausgestattet werden. Dadurch ist es möglich, Schulden außerhalb des Kernhaushalts zu parken und zu verstecken.
 

Das Ziel der klassischen Daseinsvorsorge muss aber vor allem dann in Zweifel gezogen werden, wenn sich die Kommune beispielsweise im Erholungs-, Veranstaltungs- oder Gastronomiebereich betätigt. Diese Geschäftsfelder haben nichts mit Daseinsvorsorge zu tun. Auch die stets bemühte Rechtfertigung, dass besonders Kommunalunternehmen ein nachhaltiges Wirtschaften garantieren, bestätigt sich in der Praxis oft nicht. Vielmehr werden öffentliche Angebote häufig durch Monopole abgesichert oder durch öffentliche Zuschüsse quersubventioniert.
 

In der Praxis gibt es immer wieder Beispiele, die zeigen, wie sich Kommunen in vermeintlich gewinnträchtigen Wirtschaftsbereichen engagieren. Dann haben es Lokalpolitiker auf das Geld der Bürger abgesehen. Vielfach geht die Rechnung aber nicht auf. Ein öffentliches Unternehmen hat weniger Anreize, produktions- und kosteneffizient zu arbeiten als ein privates Unternehmen. Manchmal sind kommunale Unternehmen auch nur ein Aushängeschild der örtlichen Politik. Nutzen und Wirtschaftlichkeit treten in den Hintergrund, stattdessen werden defizitäre Kommunalunternehmen mit dem Geld der Steuerzahler oft über Jahre künstlich am Leben gehalten. Ist das Unternehmen erst einmal wirtschaftlich gegen die Wand gefahren, hilft meist nur noch der Verkauf.
 

Solche Fälle der Misswirtschaft kann der Bund der Steuerzahler immer wieder eindrucksvoll dokumentieren. Hinter den Flops kommunaler Wirtschaftstätigkeit stehen politische Fehleinschätzungen und Großtuerei, schlechtes Management, Postengeschacher und laxe Aufsichtskontrollen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach dem ökonomischen und politischen Sinn beziehungsweise Unsinn solcher Unterfangen.
 

Viele Kommunen spielen auf Kosten der Steuerzahler jedoch nicht nur Unternehmer, sondern nehmen es auch mit der Offenlegung ihrer Wirtschaftsaktivitäten nicht so genau. Das gilt vor allem für Tochter- und Beteiligungsunternehmen, die eine Vielzahl von verschiedenartigen unternehmerischen Aktivitäten entfalten. Viele Bürger wissen von diesem Wildwuchs nichts. Und das kommt politisch gelegen.
 


Das sind unsere Erfolge!

Baukostenexplosion


Der BdSt-Reformkatalog aus dem Jahr 2013 konnte große Erfolge erzielen – er war Vorreiter für mehrere Kommissionen und Experten-Gremien.

Unsere konkreten Lösungsvorschläge haben den nötigen Input für die Politik geliefert, um bei den Problempunkten Kostenwahrheit, Kostentransparenz, Effizienz und Termintreue aktiv zu werden.

1. Beispiel

Das Bundesverkehrsministerium setzte 2013 eine Reformkommission ein, die 2015 Handlungsempfehlungen vorstellte. Die Bundesregierung beschloss daraufhin einen Aktionsplan, der viele Forderungen des BdSt aufgreift, etwa:

  • Grundsatz: Erst planen, dann bauen
  • Kooperatives Planen
  • Besseres Risikomanagement
  • Verbindliche Wirtschaftlichkeitsuntersuchung

Für mehr Informationen, hier klicken.

2. Beispiel

Auch der staatliche Bundesrechnungshof sowie die 16 Rechnungshöfe der Länder befassten sich mit Baukostenexplosionen und überreichten der Politik 2015 einen Leitfaden zum besseren Management von großen Baumaßnahmen.

Für mehr Informationen, hier klicken.
 

MISCHFINANZIERUNG

Kurz nach unserer kritischen Analyse zu Mischfinanzierungen, befasste sich auch der Bundesrechnungshof intensiv mit diesem verschwendungsanfälligen Thema.


Hier gibt es mehr Infomationen. 
 

KOMMUNALWIRTSCHAFT


Aus dem Schwarzbuch 2015…

Und die parallele Altpapiersammlung in Oldenburg? Dieses Phänomen gibt es dort nicht mehr! Mittlerweile hat sich die Stadt wieder aus der Sammlung zurückgezogen und den Privaten das Feld überlassen. Damit wurde das Risiko einer Abfallgebührenerhöhung abgewendet, die durch eine defizitäre Altpapiersammlung im Raum gestanden hätte. Die Gebührenzahler können aufatmen.
 

Aus dem Schwarzbuch 2014…

Sie erinnern sich an die kommunale Meeresfischzucht im saarländischen Völklingen? Eigentümer dieses weltweit bislang einzigartigen Projekts war nicht etwa ein privater Risikoinvestor, sondern die Gewerbeansiedlungsgesellschaft Völklingen – ein hundertprozentiges städtisches Tochterunternehmen. Seit Projektbeginn hat die Meeresfischzuchtanlage nur Verluste erwirtschaftet. Das rief uns auf den Plan! Und wir hatten Erfolg. Im Sommer vergangenen Jahres wurde endlich ein Schlussstrich gezogen und die kommunale Meeresfischzuchtanlage verkauft.
 

Aus dem Schwarzbuch 2014…

Fragen Sie sich, was aus der kommunalen Tropenhalle in Potsdam geworden ist, die in den vergangenen Jahren Millionen an Steuerzuschüssen verschlungen hat? Sie soll Ende 2017 geschlossen werden. Die Stadt hat zudem eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben und prüft  verschiedene Varianten für eine Alternativnutzung, etwa den Umbau zu einer Schule oder einem Museum.
 

Aus dem Schwarzbuch 2014…

Einen Erfolg verbuchen wir auch beim zweifelhaften Ukraine-Engagement der Stadtwerke Uelzen und Schwäbisch Hall. Über die BioEnergie Holding GmbH betätigten sich beide Gesellschaften als „Global Player“ und bauten Weizen sowie Raps in der Ukraine an. Dabei überschätzten sich die Stadtwerke-Manager maßlos. Sie waren weder Landwirtschaftsexperten noch hatten sie ausreichende Kenntnisse der osteuropäischen Wirtschaftsmentalität. Mittlerweile wurde das defizitäre Ukrainegeschäft verkauft.
 

Aus dem Schwarzbuch 2014…

Die Stadt Wedel in Schleswig-Holstein hat ihren Vertrag mit den Stadtwerken über den Verleih von Elek­tro-Fahrrädern endlich gekündigt. Dadurch sparen die Steuerzahler und die Stadtwerkekunden jährlich mehr als 100.000 Euro ein. Eine Forderung des Bundes der Steuerzahler aus dem Schwarzbuch 2014 wird erfüllt.
 

Aus dem Schwarzbuch 2012…

Der Erlebnispark Sturmflutenwelt „Blanker Hans“ in Büsum wurde Ende 2015 endgültig geschlossen. Das einst als Leuchtturm gepriesene Vorzeigeprojekt konnte niemals die Erwartungen erfüllen. In neun Betriebsjahren musste die Gemeinde ein Gesamtdefizit von 6,5 Mio. Euro ausgleichen.