
Wird MV-PC zum Millionengrab?
Misswirtschaft bei IT-Arbeitsplätzen kostet knapp sechs Mio. Euro
Was ist passiert?
Schwerin (MV). Selten fiel ein Urteil des Landesrechnungshofs so klar und deutlich aus, denn im aktuellen Landesfinanzbericht in Mecklenburg-Vorpommern ließ sich im Frühsommer dieser Satz finden: „Die geplante Einführung des MV-PC ab dem dritten Quartal 2023 ist gescheitert. Notwendige Vorarbeiten wurden nicht durchgeführt bzw. abgeschlossen. Die für die Vorarbeiten geleisteten Ausgaben von rd. 5,9 Mio. Euro dürften in wesentlichen Teilen verloren sein.“
Im Jahr 2021 hatte das Land beschlossen, alle Arbeitsplätze in der Landesverwaltung bedarfsgerecht mit standardisierter Informationstechnik auszustatten. Mit der Ausrüstung von 31.725 Arbeitsplätzen wollte man im Herbst 2023 starten, bis Ende 2026 sollte das Projekt abgeschlossen sein und insgesamt 100 Mio. Euro kosten. Doch daraus wird nichts, der Roll-out wird nicht stattfinden.
Das Projekt MV-PC, später mit dem Namen Zentra, wurde aus dem „MV-Schutzfonds“ finanziert – ein schuldenfinanziertes Sondervermögen, das ursprünglich für die Bewältigung der Folgen der Coronapandemie vorgesehen war.
In seinem aktuellen Prüfbericht von Anfang Juli stellte der Landesrechnungshof nun fest, dass notwendige Vorleistungen nicht erbracht worden seien. So fehle das technische Konzept, mit dem erklärt werde, was die neuen von den bestehenden Arbeitsplätzen unterscheidet, es fehle die notwendige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, außerdem seien die Unterlagen zu Datenschutz und Informationssicherheit lückenhaft. Darüber hinaus wurden gravierende Fehler in den organisatorischen Abläufen festgestellt – unbesetzte Stellen und die Nichteinhaltung von Entscheidungswegen.
Dies alles hat aus Sicht der obersten Rechnungsprüferin Dr. Martina Johannsen dazu geführt, dass die Einführung von MV-PC/Zentra gescheitert ist.
Auch die Finanzierung des Projekts über den MV-Schutzfonds kritisiert der Landesrechnungshof. Zum einen seien die Entwicklung und Pflege der digitalen Infrastruktur eine Daueraufgabe der Landesverwaltung, zum anderen sei vom Land bereits 2008 über das Projekt MV-PC gesprochen worden, sodass weder zeitlich noch inhaltlich ein Bezug zur Coronapandemie bestünde. Es sei daher „nicht auszuschließen, dass den bisherigen Ausgaben von rd. 5,9 Mio. Euro kein verwertbarer Nutzen gegenübersteht“.
Das sieht auch die Opposition im Landtag so. FDP-Fraktionsvorsitzender René Domke kommentierte das Desaster wie folgt: „Die gescheiterte Einführung des MV-PCs liefert einen lupenhaften Einblick in die im Schlafwagen oder auf dem Abstellgleis befindliche Digitalisierungs- und Haushaltspolitik der Landesregierung.“ Er bedauerte, dass damit nun die Einführung des einheitlichen IT-Arbeitsplatzes in der Verwaltung „in weite Ferne gerückt“ ist. Ganz anders klang es, als wir das Land fragten: „Es ist nicht korrekt, dass die Vorarbeiten und die dafür geleisteten Ausgaben von rund 5,90 Millionen Euro verloren sind bzw. nicht für eine Neuinitiierung genutzt werden können. Denn das Projekt soll neu als ,MV-PC 3.0‘ außerhalb des Schutzfonds initiiert werden“, erklärte die Pressesprecherin des Innenministeriums auf Nachfrage. Dazu werde man auf die Erkenntnisse aus den Vorgängerprojekten MV-PC/Zentra zurückgreifen. So werde auch die bereits entwickelte Test- und Arbeitsumgebung dafür genutzt. Damit dürfte es nun schon mehr Projektnamen als fertige IT-Arbeitsplätze neuer Generation geben.
In der Zwischenzeit muss die bestehende Technik gewartet werden. Auch der auslaufende Support für Windows 10.0 wird zusätzliche Kosten verursachen, die durch eine zeitgerechte Einführung hätten vermieden werden können. Vielleicht nehmen sich sechs Mio. Euro angesichts der Gesamtinvestition nicht groß aus. Dennoch wirft diese Verschwendung ein weiteres Schlaglicht auf den sorglosen Umgang mit Steuergeld im Land.
Foto: epic_pic
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Bei der Digitalisierung bekleckert sich das Land einmal mehr nicht mit Ruhm. Dabei handelt es sich hier um eine der Schlüsselaufgaben für die Zukunft des Landes. Es wird Zeit, dass das Land die notwendigen Schritte entschlossen angeht.
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