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17.10.2023

Wie der EU-Notfallfonds knallhart zweckentfremdet wird

EU-Staaten stecken wenig Geld aus dem EU-Coronafonds in die Gesundheit

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Was ist passiert?

Berlin/Brüssel (EU). Um die Folgen der Corona-Pandemie abzufedern, hat die Europäische Union ihren Mitgliedstaaten finanzielle Hilfe zugesagt und ein entsprechendes Projekt aufgesetzt: einen schuldenfinanzierten Notfallfonds mit dem Namen „NextGenerationEU“. Gerade weil es sich um geliehenes Geld handelt, müsste man davon ausgehen können, dass die Staaten damit besonders sorgfältig umgehen. Doch das scheint nicht der Fall zu sein. Die Auszahlung der insgesamt 800 Mrd. Euro knüpfte die EU-Kommission im Februar 2021 an Bedingungen: Das Geld sollte vorrangig für Gesundheit, Digitalisierung und Umweltschutz aufgewendet werden, vor allem aber für Bereiche, die pandemiebedingt gelitten hatten. Doch Italien, das aus dem Fonds mit rund 70 Mrd. Euro den größten Anteil und zudem Kredite in noch größerer Höhe in Anspruch genommen hat, steckt gerade einmal 16 Mrd. Euro in den Gesundheitssektor. Spanien hat von seinen Hilfen sogar nur 1,1 Mrd. Euro für die Gesundheit vorgesehen. Dem kleinsten Land der EU, Luxemburg, stehen im Gegensatz dazu gerade einmal 93 Mio. Euro aus dem Fonds zu; davon sollen 1,2 Mio. Euro ins Gesundheitswesen fließen.

Die Schulden, die für den Fonds gemacht wurden, werden die EU-Bürgerinnen und -Bürger der nächsten Generationen tilgen und finanzieren müssen, es blecht also der Steuerzahler. Übrigens bestreitet Deutschland rund ein Viertel des EU-Haushalts. Insofern könnten die Steuerzahler in Deutschland auch zu einem Viertel für die Tilgung zur Kasse gebeten werden. Doch wie das Geld eingesetzt wird, entscheiden die jeweiligen EU-Staaten – und setzen zumindest einen Teil der Mittel munter für Aufgaben ein, die grundsätzlich der Staatshaushalt zu bestreiten hätte. Und in manchen Fällen kommt zusätzlich noch die Frage auf, ob die Länder das Geld am Ende auch wirklich so einsetzen, wie sie bei der Beantragung versprochen haben. So oder so wirft eine genauere Betrachtung des Mittelabflusses die Frage auf: Wie viel Geld aus dem coronabedingten Hilfsfonds kommt dort – also in thematisch passenden Projekten – an, wo es hinsollte? Denn die steuerzahlenden EU-Bürger müssen mindestens stutzig darüber werden, wie klein diejenigen Anteile sind, die in den Gesundheitssystemen landen. Es drängt sich der Eindruck auf, dass der EU-Haushalt durch den Coronafonds namens „NextGenerationEU“ endgültig zu einem Subventionshaushalt wird – und die EU-Kommission zu einem Schuldenmacher.

Wir zeigen anhand von drei Beispielen (in alphabetischer Reihenfolge), was bei der Verwendung des Fonds schiefläuft.

 

Italien:

Die italienische Regierung hatte dementsprechend Pläne vorgelegt, wie das Geld eingesetzt werden sollte. Vieles davon klingt sinnvoll und richtig. Das Land ist – neben Spanien – der größte Nutznießer des Fonds. Schaut man sich nun an, wofür Italien seinen Anteil in Höhe von 70 Mrd. Euro ausgibt, wird vor allem eines klar: Der Fonds wird von Rom aus kräftig zweckentfremdet. Denn Italien steckt das Geld in alles Mögliche, aber kaum in die Bewältigung der Coronapandemie und in das Gesundheitssystem. Im Gesundheitssektor landen gerade einmal 16 Mrd. Euro, also rund 22 Prozent der Gesamtsumme für Italien. Viele Projekte sind nebulös formuliert. Zudem kann man sich bei vielen Posten fragen, warum diese Aufgaben nicht bereits mit dem regulären italienischen Staatshaushalt von fast 900 Mrd. Euro bestritten werden – wie der Ausbau der Schienenwege, die Instandhaltung von Verwaltungsgebäuden, Schulen, Museen, touristische Sehenswürdigkeiten, Straßenbeleuchtung, Häfen, Brücken, Klärwerke, Abwasser- und Entsorgungssysteme sowie die Digitalisierung der Verwaltung und der Breitbandausbau, die Anschaffung von Bussen, Bahnen und die Investitionen in Feuerwehren. Diese Dinge, die klassische Handlungsbereiche eines Nationalstaats sind, werden nun mindestens zum Teil mit Krediten finanziert, die die EU-Kommission am Kapitalmarkt aufgenommen hat.

Noch etwas anderes stößt besonders sauer auf: Wesentliche Teile des Geldes sind auch für Wirtschaftssubventionen und ein buntes Ausgaben-Potpourri eingeplant. So soll beispielsweise mit 114 Mio. Euro das Tourismus-Portal itala.it aufgehübscht und für Reisende aus Asien attraktiver gemacht werden, 300 Mio. Euro sollen an italienische Filmstudios ausgeschüttet und mit weiteren 300 Mio. Euro beschlagnahmte Mafia-Gebäude saniert werden. Für 30 Mio. Euro sollen Podcasts, Videos und gedrucktes Infomaterial über den Klimawandel entstehen und für 10 Mio. Euro ein Zertifizierungssystem für Gendergerechtigkeit. Für Industrie 4.0 sind 13 Mrd. Euro vorgesehen und für die Weltraumindustrie immerhin rund 1,5 Mrd. Euro. Auch sich selbst hat der italienische Staat dabei nicht vergessen: Tausende Beschäftigte sollen eingestellt werden und viel Geld in den Ausbau der regionalen Arbeitsämter fließen. Dies alles ist unter dem Strich eine Wundertüte schuldenfinanzierter Projekte, die allenfalls am Rande mit der Coronapandemie zu tun haben. Diese war aber der Anlass für den Fonds, der nun auf der nationalen Ebene Italiens als Universalfinanzierung herhalten muss – auf Kosten aller europäischen Steuerzahler und ihrer nächsten Generationen, die diese Schulden gezwungenermaßen schultern werden.

 

Luxemburg:

Auch in Luxemburg sind viele Auszahlungen der EU-Kommission bereits erfolgt und auch dort wird klar: Der schuldenfinanzierte EU-Corona-Wiederaufbaufonds, als größtes Konjunkturprogramm in der Geschichte Europas geplant, ist zu einer Mogelpackung verkommen – zumindest, was seine Verwendung angeht. Denn auch hier wird das Geld, das die kommenden Generationen, also die nächsten EU-Bürgerinnen und Bürger, als Schulden tilgen müssen, eher für alles Mögliche aufgewendet, statt zur Abfederung der Pandemie-Folgen. In Luxemburg bedeutet das beispielsweise: 24 Mio. Euro und damit mehr als ein Viertel der abgerufenen Summe gehen in den sozialen Wohnungsbau. So läuft dort seit Jahren ein Projekt zur Schaffung von preiswertem Wohnraum. Da kommen die EU-Gelder mit dem Label „Umweltschutz“ gerade gelegen, weil die Regierung damit kurzerhand die CO2-neutrale Energieversorgung der Wohnungen bezahlen will. Dafür wählt sie jedoch Solaranlagen, die lange nicht so effizient sind wie andere Technologien zur Energiegewinnung wie etwa Windräder. Und der Klimaeffekt wäre nochmal viel größer gewesen, wenn die EU-Kommission diese 24 Mio. Euro in die Modernisierung osteuropäischer Industrieanlagen gesteckt hätte. Oder wenn sie idealerweise eine Ausweitung des europäischen CO2-Emissionszertifikate-Handels massiver als bislang betreiben würde. Aber: Solarpanels im sozialen Wohnungsbau haben politisch und in ihrer Außenwirkung mehr Charme.

Und auch beim Digitalen setzt Luxemburg das Geld auf fragwürdige Weise ein. Mit den EU-Geldgeschenken hat das Land per Brief bei 40.000 Kurzarbeitern für eine kostenlose Teilnahme an Online-Weiterbildungen geworben. Tatsächlich haben nur weniger als 12.000 Kurzarbeiter das Angebot im Wert von 500 Euro genutzt, mehr als 70 Prozent hatten also kein Interesse. Das kann nicht überraschen: Kurzarbeit und Online-Weiterbildungen stehen nicht in einem kausalen Zusammenhang, denn in der Kurzarbeit ist man nicht gelandet, weil es bislang keine digitalen Seminare gab. Zwar können Online-Weiterbildungen durchaus sinnvoll sein, aber selbst gut gemachte Angebote wären keine Finanzierungsaufgabe für einen EU-Coronafonds gewesen. Bei der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung ist es ähnlich. Sie ist Kern- und Daueraufgabe der nationalen Politik. Gerade Luxemburg ist hier recht weit: Mit Guichet.lu existiert bereits ein umfassendes Onlineportal für Bürger und Unternehmen. Doch dank der EU-Geldgeschenke wird es jetzt noch weiter ausgebaut: Die Bürger sollen über dieses Onlineportal künftig auch Jagdgenehmigungen beantragen können. Praktisch für angehende Jäger in Luxemburg, doch sollte der europäische Steuerzahler dies nicht bezahlen müssen!

 

Spanien:

Neben Italien erhält Spanien die meisten EU-Geldgeschenke aus dem rund 800 Mrd. Euro schweren EU-Coronafonds: rund 70 Mrd. Euro, also 1.500 Euro pro Einwohner. Zum Vergleich: Der Zuschuss an Deutschland beträgt 300 Euro pro Kopf, weil der EU-Schlüssel das Bruttoinlandsprodukt sowie Wirtschaftswachstums- und Arbeitslosenrate berücksichtigt. Die üppigen Geldgeschenke setzt Spanien großzügig ein: So lesen sich die Projektpapiere über weite Strecken wie „Wünsch-dir-was“-Listen, obwohl viele der Projekte originäre Staatsaufgaben sind und somit durch den Staatshaushalt des Landes abgedeckt werden sollten. Klare Fälle für den Hilfsfonds sind jedenfalls eher selten. Der größte Posten, fast ein Zehntel der 70 Mrd. Euro, entfällt auf den Bereich „Wohnungsbau und Stadtsanierung“. Unter anderem sollen hunderttausende Wohnhäuser renoviert und 20.000 Sozialwohnungen gebaut werden. Fast so teuer sind die beiden Bereiche „Modernisierung der öffentlichen Verwaltung“ und „Arbeitsmarkt“.

Vorgesehen sind zum Beispiel neue IT-Systeme für die Arbeitsämter und externe Berater für Gender Mainstreaming. Zudem soll der „digitale Wandel“ in den Verwaltungen finanziert werden. Aber auch Werbung für den Coronafonds selbst wird mit den Kreditgeldern finanziert: Infosysteme, Webseiten und sogar die Anstellung von „mindestens“ zwei Community-Managern, die für Social-Media-Präsenz sorgen sollen. Ein weiterer Fokus liegt auf der Tourismusförderung. Das viele Kreditgeld reicht sogar noch, um personalisierte Coachings für Unternehmer, ein „Talentprogramm Frauen“, Abwrackprämien für Firmenfahrzeuge sowie Veranstaltungen und Kommunikationsmaßnahmen für den Wirtschaftsstandort Spanien zu finanzieren. Für Überwachungen im Fischereisektor plant Spanien, diverse Patrouillenschiffe, aber auch Drohnen, Nachtsichtgeräte und eine zweite Firewall für das staatliche Fischereiinformationssystem zu kaufen. Selbst Investitionen in den Brandschutzbereich muss Spanien jetzt nicht mehr selbst zahlen. Für mindestens 100 Feuerwehren sowie diverse neue Löschflugzeuge und Hubschrauber geht die Rechnung nicht nur an die spanischen Steuerzahler allein, sondern an die europäischen insgesamt. Darüber hinaus reicht der EU-Geldsegen auch noch aus, um das Problem der Lichtverschmutzung in kleinen spanischen Gemeinden durch „bessere öffentliche Beleuchtung“ zu reduzieren oder Straßen mit Zäunen und Warnschilder gegen Wildtiere auszustatten. Über den EU-Fonds lagert Spanien zudem Kosten im Bildungsbereich aus, z. B. für den Kauf von 300.000 Computern für Schulen und für die Schaffung von 60.000 Kitaplätzen.

Selbst Personalkosten für Lehrer und Erzieher sollen teilweise über den Fonds finanziert werden – wobei Spanien bereits verkündet hat, nach Auslaufen des Fonds die weitere Finanzierung dieser Personalkosten „auch auf andere EU-Finanzierungsquellen“ zu stützen. Dass der Coronafonds mit Corona und der Stärkung des Gesundheitswesens wenig zu tun hat, zeigt abschließend die Tatsache, dass in den spanischen Gesundheitssektor gerade einmal 1,1 Mrd. der erhaltenen rund 70 Mrd. Euro fließen. Das sind keine 2 Prozent der Zuschüsse an Spanien, aber fast so viel wie das Land für die „Förderung der Kultur- und Sportwirtschaft“ vorsieht. Tausende Kulturprojekte werden über EU-Kredite finanziert – darunter der Kauf von 750.000 Bibliotheksbüchern und Digitalisierungsmaßnahmen im Prado-Museum, im Reina-Sofia-Museum und in der spanischen Nationalbibliothek, obwohl dies alles eine Kernaufgabe des spanischen Staats ist. Und auch bei der Sportförderung lässt sich Spanien dank der Coronamittel nicht lumpen: Der Staat will in Hochleistungszentren investieren, internationale Sportevents nach Spanien holen und die „Professionalisierung des Frauensports, insbesondere des Fußballs“ fördern. All diese nationalen Maßnahmen und Projekte kann man politisch wollen. Sie aber nicht aus eigener Tasche zu finanzieren, sondern mit EU-Krediten, ist ein klares Foulspiel am europäischen Steuerzahler.

Foto: artjazz - stock.adobe.com

Der Bund der Steuerzahler kritisiert

Wie die Beispiele aus Italien, Luxemburg und Spanien zeigen, landet das Geld aus dem Corona-Notfallfonds nicht dort, wo es hinsoll. Es wird für prestigeträchtige Umweltprojekte, die Sportfinanzierung und ein Potpourri aus originären Staatsaufgaben ausgegeben. Zudem stellt sich oft die Frage, wie effektiv die Mittel eingesetzt werden und ob sie auch wie beantragt ausgegeben werden. Für den BdSt steht fest: In vielen Fällen wird das Geld aus dem europäischen Corona-Notfallfonds zweckentfremdet – das Nachsehen haben die europäischen Steuerzahler. Denn sie werden die Kredite tilgen müssen, die deutschen unter Umständen zu rund 25 Prozent.

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Autor des Artikels

Matthias Warneke

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