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News Bild 2008
  • Niedersachsen
  • Richtig skurril!
09.10.2024

Weit übers Ziel hinausgeschossen

Landkreis Holzminden lässt Augenmaß vermissen

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Was ist passiert?

Landkreis Holzminden (NI). Beim Landkreis Holzminden war es unter den Mitarbeitern der Zulassungsstelle im Straßenverkehrsamt offenbar schon seit 1974 üblich, entwertete Kfz-Kennzeichen einzubehalten und an Schrotthändler oder über eBay zu veräußern. Die Einnahmen führte man jedoch nicht dem Landkreis zu, sondern einer Kaffeekasse – zur Finanzierung von Mitarbeiterveranstaltungen wie Weihnachtsfeiern oder gemeinsamen Grünkohlessen. Allein im Zeitraum von 2015 bis 2021 sollen so rd. 5.000 Euro zusammengekommen sein. Die erzielten Einnahmen wurden sogar sorgfältig dokumentiert und quittiert.

Erst im November 2021 war diese Schwarze Kasse aufgeflogen, kurz nachdem eine neue Leiterin ihren Dienst im Straßenverkehrsamt angetreten hatte. Frühere Behördenleitungen hatten diese Praxis jahrzehntelang toleriert. Der Holzmindener Landrat und seine Erste Kreisrätin sahen die „Enthüllung“ als so gravierend an, dass sie noch im November zwölf der 14 Beschäftigten der Zulassungsstelle fristlos kündigten. 

Gegen die Kündigungen setzten sich die entlassenen Mitarbeiter mit Kündigungsschutzklagen zur Wehr. Zwar stellten die Arbeitsgerichte die Arbeitspflichtverletzungen der ehemaligen Beschäftigten eindeutig fest, allerdings attestierten sie dem Landkreis gleichzeitig eine erhebliche Mitschuld. Er habe es zu lange versäumt, die schon seit Jahrzehnten geübte Praxis zu unterbinden und klare innerdienstliche Anweisungen zu erlassen, wie mit entwerteten Kfz-Kennzeichen umzugehen ist. Daraufhin wurden Vergleichsvereinbarungen zwischen dem Landkreis und den Klägern geschlossen. Die daraus für den Landkreis entstandenen Kosten beliefen sich auf 437.500 Euro. Für Gerichts- und Anwaltskosten wurden weitere rd. 59.000 Euro fällig.

Weil die Zulassungsstelle in Holzminden mangels Personals über Monate hinweg für den Publikumsverkehr geschlossen blieb, mussten Bürger, die ihr Fahrzeug an-, um- oder abmelden wollten, auf die Zulassungsstellen der benachbarten Landkreise Northeim sowie Höxter in NRW ausweichen. Dem Landkreis Holzminden entgingen in dieser Zeit Gebühren in Höhe von 26.600 Euro. Erst im Laufe des Februars 2022 konnte die Holzmindener Stelle ihren üblichen Dienst eingeschränkt wieder aufnehmen. Für die erforderlichen Stellennachbesetzungen fielen zusätzliche Personalkosten in Höhe von 76.100 Euro an, Schulungen des neuen Personals kosteten weitere 10.100 Euro. Unterm Strich schlug der Kahlschlag des Landkreises also zunächst mit ca. 609.000 Euro zu Buche. 

Die Kreisverwaltung verwies hingegen auf verschiedene Einsparungen, die diese Summe aus ihrer Sicht mindern würden. Die entstandenen Stellenvakanzen, Materialeinsparungen und geringere Stufeneinordnungen bei den Neueinstellungen würden den finanziellen Schaden im Laufe der nächsten fünf Jahre auf rd. 96.000 Euro begrenzen.

Was hingegen nicht begrenzt werden kann, ist der Imageschaden, den der Landkreis aus seinem radikalen Vorgehen davongetragen hat. Dass die Verwaltungsspitze – trotz der von vielen Seiten öffentlich geäußerten Kritik – über zwei Jahre gebraucht hat, um zu erkennen, dass ihr Handeln überzogen war, dürfte einen Teil dazu beigetragen haben.

Foto: Nico Steinert

Der Bund der Steuerzahler meint

Zweifellos war die Vereinnahmung der Kennzeichenerlöse zugunsten gemeinsamer Feierlichkeiten unrechtmäßig und eine Reaktion des Landkreises darauf unvermeidbar. Die fristlose Entlassung nahezu aller Beschäftigten war jedoch unverhältnismäßig. Zumal es der Landkreis selbst war, der diese offen gelebte Praxis zuvor fast 50 Jahre lang nicht unterbunden hatte. Mildere Sanktionen – wie Abmahnungen und ggf. vereinzelte Umsetzungen – wären möglich und die monatelange Schließung der Zulassungsstelle nicht nötig gewesen. Dies wäre auch günstiger für die Steuerzahler gewesen.

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  • user
    Anonym 04/01/2025 um 03:13

    Ich persönlich würde das nicht als unrechtmäßige Einnahmen betrachten, sondern vielmehr als kostengünstige Teambildungsmaßnahmen. Oft wird bei solchen Aktionen allein schon der Zusammenhalt im Team gestärkt, und sie fördern zusätzlich die Nachhaltigkeit, da in den meisten Fällen die Entsorgungskosten höher ausfallen als der Nutzen.

    Außerdem werden die „Feierlichkeiten“ oft durch gemeinsame Ausflüge ersetzt – etwas, das auch bei teuren Teambildungsmaßnahmen heutzutage üblich ist. Deshalb verstehe ich die allgemeine Aufregung noch weniger. Wenn ich die Angaben richtig verstanden habe, sind in sechs Jahren insgesamt 5.000 Euro zusammengekommen. Das entspricht etwa 833 Euro pro Jahr. Bei 14 Personen wären das rund 59 Euro pro Jahr und pro Kopf.

    Eine Teambildungsmaßnahme über denselben Zeitraum wäre wahrscheinlich teurer. Außerdem entsteht durch das gemeinsame Sammeln von Altmetall vermutlich ein größerer Zusammenhalt im Team, da die Mitarbeiter mit Begeisterung auf dieses Ziel hinarbeiten. So erfüllt diese Aktion letztlich denselben Zweck wie eine herkömmliche Teambildungsmaßnahme – wenn nicht sogar mehr.

    Jedoch wird in Deutschland oft mehr auf solche Kleinigkeiten herumgehackt, als sich um die wirklich großen Probleme zu kümmern.