Verspätet und verteuert
Staatseigenes Baggerschiff „Osteriff“ wird rund 50 Prozent teurer und die Bauzeit dauert viermal so lang
Was ist passiert?
Cuxhaven (NI)/Bund. Unzählige Kubikmeter Schlick und Sand müssen Jahr um Jahr aus der Elbe zwischen Hamburg und Cuxhaven, aus der sogenannten Tideelbe, herausgebaggert werden, damit die Fahrrinnen dieser Bundeswasserstraße für den Schiffsverkehr frei bleiben. Diese Instandhaltung ist weitgehend an Fremdfirmen vergeben, meist an ausländische Unternehmen.
Auch die Wasser- und Schifffahrtsdirektion des Bundes (WSV) verfügt über ein Laderaumsaugbaggerschiff, die 1978 gebaute „Nordsee“. Laderaumsaugbaggerschiffe saugen, wie der Name bereits sagt, Flussschlick über ein Saugrohr in den Laderaum des Schiffes, transportieren ihn ab und verklappen den Schlamm andernorts, meist auf See. Nach 40 Betriebsjahren sollte die in die Jahre gekommene „Nordsee“ mit der „Osteriff“ ein leistungsstarkes Baggerschiff an die Seite bekommen und später durch diese ersetzt werden. Deshalb erteilte die WSV im Dezember 2016 den Auftrag zum Bau des 132 m langen und 23 m breiten Spezialschiffes mit einem Ladevolumen von rund 7.500 Kubikmetern. Die Auftragssumme lag bei rund 95 Mio. Euro.
Doch der Schiffsbau stand unter keinem guten Stern. Es kam zu erheblichen Verzögerungen zwischen dem eigentlichen Schiffsbau und der technischen Ausrüstung des Schiffes. Bis Ende 2020 hatte der Bund aber bereits 79 Mio. Euro – und damit 83 Prozent des ursprünglichen Auftragswerts – für die „Osteriff“ ausgegeben. Im Juli 2021 stellte die beauftragte Werft zudem einen Insolvenzantrag, ein Investor zur Rettung des Unternehmens war nicht in Sicht. Wieder kamen die Arbeiten an dem Spezialschiff zum Erliegen. Es drohte eine Investitionsruine. Im Dezember 2022 wurde dann bekannt, dass die WSV zusammen mit dem Insolvenzverwalter die Fertigstellung des Schiffes mit einer anderen Werft vereinbart hatte. Im Jahr 2024 soll das Baggerschiff nun einsatzbereit sein. Die Bauzeit hätte sich damit von den geplanten 2 auf 8 Jahre vervierfacht.
Und die Kosten? Beim Preis bekommen die Steuerzahler sicherlich Schnappatmung: Die kalkulierten Gesamtausgaben für die Fertigstellung der „Osteriff“ betragen nunmehr 142 Mio. Euro – die Mehrausgaben belaufen sich somit auf 47 Mio. Euro oder knapp 50 Prozent! Das Bundesverkehrsministerium erklärt den Mehrbedarf auf Nachfrage des Bundes der Steuerzahler damit, dass rund 35 Mio. Euro zusätzlich zur Fertigstellung des Laderaumsaugbaggers und zur „Beseitigung eventueller Standschäden“ benötigt werden. Die übrigen rund 12 Mio. Euro sind dem Insolvenzverfahren selbst zuzuordnen, z. B. für die Aufwände der Insolvenzverwaltung.
Doch damit nicht genug: Schiffbauexperten halten Laderaumsaugbaggerschiffe wegen der immer längeren Fahrtstrecken bis zur Verklappung des Elbschlicks (teilweise bis in die Nähe von Helgoland) mittlerweile für unwirtschaftlich. Kleinere Baggerschiffe ohne eigenen Laderaum und in Begleitung reiner Baggergut-Transportschiffe versprächen erhebliche Kostenvorteile, weil die Duos effizienter einsetzbar seien.
Foto: Wolfgang Fricke
Der Bund der Steuerzahler kritisiert
Pleiten, Pech und Pannen begleiten den Bau der „Osteriff“ und werden für die Steuerzahler zu einer immer schwereren Bürde. Alternative Transportkonzepte für den Schlick aus der Elbe scheinen bei der Staatsverwaltung – trotz dieses Debakels – nicht hoch im Kurs zu stehen.
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