Verkorkste Abwahl einer Stadtbaurätin
Nach zwei Jahren vom Hof gejagt – mit üppigen Bezügen
Was ist passiert?
Aurich (NI). Die als „Wahlbeamtenstelle“ (Besoldung B3) geführte Position einer Stadtbaurätin war erst im Juli 2021 auf Vorschlag der Verwaltung eingerichtet worden. Zuvor waren die hier angesiedelten Aufgaben noch von einer Laufbahnbeamtin mit deutlich niedrigeren Dienstbezügen (A15) erbracht worden. Die Aufwertung ist laut Verwaltung nötig gewesen, um geeignetes Fachpersonal anzulocken. Zur ersten Stadtbaurätin wurde im Oktober 2021 einstimmig eine bis dahin als kommissarische Leiterin des „Staatlichen Baumanagements Ems-Weser“ tätige Beamtin gewählt. Ihre achtjährige Wahlperiode in Aurich begann zum 1.1.2022.
Fachlich soll die Stadtbaurätin überzeugt haben, doch wegen Schwierigkeiten „im zwischenmenschlichen Bereich“ machte sich in der Stadtpolitik rasch Ernüchterung breit. Probleme soll es auch bei der Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung gegeben haben. Daher hatte der Stadtrat den Bürgermeister bereits im Frühjahr 2023 um ein klärendes Gespräch mit der Stadtbaurätin gebeten. Doch noch ehe ein Gesprächstermin anberaumt werden konnte, meldete sich die Stadtbaurätin im April 2023 krank. Ihren Dienst sollte sie nie wieder aufnehmen.
Nach elf Monaten Abwesenheit sahen sich Verwaltung und Politik veranlasst, eine endgültige Lösung herbeizuführen – mit teuren Folgen für die Steuerzahler. Im März 2024 wählte der Stadtrat die Stadtbaurätin wegen eines „nachhaltig gestörten Vertrauensverhältnisses“ ab.
Für den Monat der Abwahl sowie die drei Folgemonate erhält die Abgewählte zunächst weiterhin ihr volles Amtsgehalt (ca. 8.800 Euro monatlich). Anschließend hat sie knapp fünf Jahre lang Anspruch auf 71,75 Prozent ihrer bisherigen Amtsbezüge (ca. 6.300 Euro monatlich). Bis Juli 2029 also nochmals rd. 360.000 Euro, wie auf Nachfrage von der Stadt Aurich zu erfahren war. Anschließend steht dann der ehemaligen Stadtbaurätin unmittelbar ein lebenslang gezahltes Ruhegehalt zu, das sich an ihrer Beamtenbiografie bemisst; mindestens aber 35 Prozent ihrer bisherigen Bezüge (ca. 3.100 Euro monatlich).
Ärgerlich für die Steuerzahler ist: Wäre die Abwahl der Stadtbaurätin vor Ablauf des Jahres 2023 – also nur wenige Monate früher – erfolgt, wäre das Ruhegehalt niedriger ausgefallen, weil sie ihr Amt dann weniger als zwei Jahre lang ausgeübt hätte. Das Ruhegehalt wäre in diesem Fall gemäß Beamtenversorgungsgesetz anhand ihrer früheren Tätigkeit bemessen worden, höchstens jedoch an der nächstniedrigeren Besoldungsgruppe B2.
Auch warum die lange Krankheit nicht zum Anlass genommen wurde, die Dienstfähigkeit der Stadtbaurätin nicht amtsärztlich feststellen zu lassen, konnte die Verwaltung nicht nachvollziehbar erklären. Aufgrund der langen krankheitsbedingten Abwesenheit von über zehn Monaten hätte die Betroffene möglicherweise frühzeitig als dienstunfähig eingestuft werden können. In diesem Fall wären die Versorgungsansprüche um 10,8 Prozent gekürzt worden.
Foto: fotogestoeber.de
Der Bund der Steuerzahler fordert
Es kann nicht sein, dass bereits nach wenigen Monaten Amtszeit lebenslange Versorgungsansprüche von Tausenden Euro monatlich entstehen, ohne dass eine Regelaltersgrenze eingehalten werden muss. Es braucht eine Reform! Entsprechende Vorschläge hat der BdSt der Landespolitik bereits im April 2021 vorgelegt.
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