Reaktivierung der Schiene um jeden Preis?
BdSt hält teures Bahnprojekt für fragwürdig
Was ist passiert?
Künzelsau/Hohenlohekreis (BW). Für die Kochertalbahn, die in den 1990er-Jahren stillgelegt wurde, gibt es große Pläne: Vor Ort sieht man die Chance, wieder eine Bahnverbindung zu schaffen. Eine positive Machbarkeitsstudie liegt bereits vor, auch das baden-württembergische Verkehrsministerium befürwortet die Pläne.
Doch vor dem nächsten Schritt ist das Projekt ins Stocken geraten: Die Gemeinderäte von zwei an der geplanten Strecke liegenden Kommunen – Kupferzell und Waldenburg – haben sich gegen eine Kostenbeteiligung an der Vorplanung und der standardisierten Bewertung – ca. 71.000 Euro bzw. 13.000 Euro – ausgesprochen. Nun müssten die beiden anderen Partner – die Stadt Künzelsau und der Hohenlohekreis – je 450.000 Euro beisteuern, um das Projekt fortzuführen.
Natürlich locken bei diesem Projekt üppige Zuschüsse, denn vor allem der Bund unterstützt die Reaktivierungen von Bahnstrecken in großem Stil. Bis zu 90 Prozent der zuwendungsfähigen Baukosten übernimmt er in solchen Fällen, auch an den Planungskosten würde er einen Anteil übernehmen. Die gesamten Kosten sollen laut Machbarkeitsstudie folgendermaßen verteilt werden: Der Bund trägt insgesamt 217,1 Mio. Euro, das Land Baden-Württemberg 32,8 Mio. Euro, und der kommunale Anteil liegt bei 24,2 Mio. Euro.
Selbst wenn diese Finanzierung von allen Beteiligten gestemmt werden könnte, ist die nächste entscheidende Frage, wer den laufenden Bahnbetrieb bezahlt. Das Land würde voraussichtlich nur einen Stundentakt finanzieren, an Taktverdichtungen müssten sich dann die Kommunen oder der Landkreis finanziell beteiligen. Ein weiterer Haken: Baden-Württemberg übernimmt bislang nur die Betriebskosten von insgesamt 100 km reaktivierter Bahnstrecke im Südwesten. Gut möglich, dass die Kochertalbahn leer ausgeht, denn die Vergabe der Mittel erfolgt in zeitlicher Reihenfolge der Inbetriebnahme. Es handelt sich also um ein „Windhundprinzip“.
Kritiker sehen die Pläne rund um die Reaktivierung der Kochertalbahn deshalb mit Skepsis und sprechen sich stattdessen für einen ÖPNV mit Elektro- oder Wasserstoffbussen aus. Möglicherweise fallen außerdem noch weitere Kosten für Parkplätze an den Bahnhaltepunkten und durch die Verlegung eines Radwegs an, für die die Steuerzahler ebenfalls aufkommen müssten.
Foto: haraldmuc
Der Bund der Steuerzahler meint
Der Bund der Steuerzahler hält die vom Land Baden-Württemberg angeschobene Reaktivierung von stillgelegten Bahnstrecken, die mit hohen Kosten für die Steuerzahler verbunden ist, für fragwürdig. Deswegen sollte man die angedachte Reaktivierung der Kochertalbahn unbedingt überdenken. Vor allem die Folgekosten könnten den Kreis bzw. die beteiligten Gemeinden finanziell überfordern.
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Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
Sehr gut, dass sie das Thema im Schwarzbuch aufgenommen haben, schon bevor das Projekt zum Bau kommt. Am Freitag erschien ein Artikel in der Hohenloher Zeitung (HZ). Darin wurde auch der Bürgermeister Neumann zitiert. Er hat sich darüber ausgelassen, dass der Eintrag ins Schwarzbuch des BdSt unqualifiziert sei: „Scheinbar ist der Bund der Steuerzahler nicht gut informiert, und dessen Recherche erscheint – leider – sehr mangelhaft. Denn die zuletzt vorgestellte Machbarkeitsstudie zur Kochertalbahn hat für alle Trassenvarianten deutlich positive Nutzen-Kosten-Quotienten ergeben. Basierend auf guten Fakten kann ich für die Beurteilung des BdSt nur Unverständnis äußern. Schade, da hätte ich qualifizierte Aussagen erwartet.“
Ich habe daraufhin folgenden Leserbrief (noch unveröffentlicht) an die HZ geschrieben:
Wer bestellt, bezahlt!
Neubau und Betrieb einer „Kreisstadtbahn“ um jeden Preis? Die Folgekosten werden den Kreis und die beteiligten Gemeinden finanziell überfordern!
Wer bestellt, bezahlt! Wenn die Stadt Künzelsau die Bahn will, soll sie auch sehen, wie sie die Finanzierung hinbekommt, aber nicht die anderen Gemeinden des Hohenlohekreises in die Mithaftung nehmen! Die Gemeinden haben so viele andere „Pflichtaufgaben“ finanziell zu stemmen, da sind solche „Kreisstadtprestigeprojekte“ völlig daneben. Immerhin hat es Künzelsau schon geschafft, durch einen Eintrag im Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes, seine Bekanntheit zu steigern. Aber das sind laut den Stadtoberen unqualifizierte Aussagen einer Lobbyorganisation. Der „Verband Deutscher Verkehrsunternehmen“ (VDV) ist dagegen ein unabhängiger und neutraler Verband? Mitnichten! Auszug von der Internetseite des VDV: „ … (der VDV) übernimmt als Branchen- und Lobbyverband eine beratende und informierende Funktion, …“.
Die Reaktivierung von teilweise völlig maroden Strecken sind größtenteils nur Projekte, bei denen die Prolfilneurosen von Kommunalpolitikern bedient werden!
Auf den Punkt gebracht! Genauso ist es im Falle von Künzelsau!