
Park-Sanduhren rieselten zu schnell
Hoher Verwaltungsaufwand für reklamierte Sanduhren
Was ist passiert?
Lutherstadt Wittenberg (ST). Am 25.11.2020 wurde im Stadtrat von Wittenberg die Idee einer Park-Sanduhr geboren. Im Zusammenhang mit der Diskussion zur neuen Parkgebührenordnung sollte die noch fehlende Brötchentaste an den Parkscheinautomaten übergangsweise durch eine Sanduhr mit einer Laufzeit von 15 Minuten ersetzt werden. Die Idee hat sich Wittenberg von der Stadt Cloppenburg abgeschaut.
Nach der Entscheidung des Stadtrats machte sich die Verwaltung ans Werk und holte drei Angebote ein. Keines der angefragten Unternehmen war jedoch in der Lage, den Auftrag selbst auszuführen. Eines der Unternehmen nahm jedoch Kontakt zur Stadt Cloppenburg auf. In Abstimmung mit Wittenberg wurde daraufhin ein Subunternehmen beauftragt. Die vorgesehene Liefermenge von 500 Sanduhren waren dem Lieferanten jedoch zu wenig, sodass eine Mindestmenge von 2.500 Stück vereinbart wurde. Das Wittenberger Unternehmen erhielt außerdem eine Vorauszahlung von 5.363,93 Euro.
Am 1.6.2021 begann der Verkauf der Zeitmesser. Die Park-Sanduhren wurden zum Einzelpreis von 4,50 Euro angeboten. Innerhalb kurzer Zeit wurden 35 Sanduhren im Bürgerbüro und 250 an die Sparkasse Wittenberg verkauft. Als erste Hinweise auf eine Zeitabweichung kamen – der Sand in den Uhren rieselte nämlich zu schnell –, reagierte die Stadt und stoppte den Verkauf zwei Tage später. Bereits verkaufte Uhren wurden zurückgenommen und eine Prüfung aller gelieferten Sanduhren veranlasst. Das kleinlaute Eingeständnis der Stadt lautete: „Mit über 5 Minuten weniger weicht die Ablaufzeit der meisten Sanduhren außerordentlich stark von den angedachten 15 Minuten ab, so dass die Stadtverwaltung weder Bürger*innen noch Gästen der Lutherstadt Wittenberg einen Nachteil aus der Benutzung der Parksanduhren zumuten möchte.“ Laut der Stadt ist eine Kontrolle jeder einzelnen Sanduhr vor dem Verkauf schlichtweg nicht möglich gewesen.
Übrigens: Autofahrern hätte die Nutzung einer Park-Sanduhr möglicherweise ein Knöllchen eingebracht, denn in einem eigens von der Stadt angefertigten Flyer heißt es: „Eine nicht ordnungsgemäße Funktion der Parksanduhr wird wie Parken ohne Parkschein gewertet und führt zu einer kostenpflichtigen Verwarnung.“
Gegenüber dem Lieferanten wurde der gesetzliche Nacherfüllungsanspruch durchgesetzt. Der überprüfte im Juni 2021 die ersten Sanduhren und gab sie mangelfrei an die Stadt zurück. Eine dieser angeblich mangelfreien Park-Sanduhren besitzt auch der Bund der Steuerzahler. Dieses Exemplar lief bei allen bisherigen Feldversuchen im Durchschnitt nur noch 45 Sekunden zu schnell.
Unbestritten ist, dass diese Aktion möglicherweise einen Marketingeffekt für die Stadt Wittenberg ausgelöst hat. Wenn die Stadträte zum Zeitpunkt ihrer mehrheitlichen Zustimmung gewusst hätten, welcher Aufwand und welche Probleme diese Sanduhren auslösen werden, wäre die Entscheidung möglicherweise anders ausgefallen. Ob der angestrebte vollständige Verkauf der Park-Sanduhren gelingt und damit wenigstens der Kaufpreis von fast 11.000 Euro refinanziert werden kann, ist auch noch offen.
In jedem Fall bleiben die Stadt und alle weiteren Betroffenen auf ihrem Aufwand sitzen: Personalkosten durch das Einholen der Angebote, die Nachverhandlung zur Stückzahl und den Verkauf bzw. die Rücknahme an der Infotheke des Bürgerbüros. Auch die Durchsetzung des Nacherfüllungsanspruchs gegenüber dem Lieferanten hat zu zusätzlichem Aufwand geführt.
Foto: Bund der Steuerzahler Sachsen-Anhalt e. V.

Der Bund der Steuerzahler meint
Offensichtlich gehen die Uhren am Herstellungsort etwas schneller als in Wittenberg. Es ist wenig nachvollziehbar, warum im digitalen Zeitalter und trotz der ohnehin geplanten Installation der „Brötchentaste“ noch getestet wird, ob Sanduhren richtig rieseln und ob sie von Autofahrern angenommen werden. So entstand unnötiger Aufwand für alle Betroffenen und zulasten der Steuerzahler.
Video zum Fall
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