
Nobel und teuer statt einfach und preiswert
Kostspieliger Rollrasen oder preisgünstiger Saatrasen für ein Straßenbahngleis?
Was ist passiert?
Augsburg (BY). Seit Ende des Jahres 2021 verbindet die Straßenbahn der Linie 3 die Städte Augsburg und Königsbrunn. Rund 52 Mio. Euro wird die Linie 3 mit Planung, Bau, Projektmanagement und Grunderwerb kosten, die überwiegend aus staatlichen Mitteln finanziert werden. Doch bei der Begrünung der Straßenbahntrasse schieden sich die Geister. Auf Augsburger „Flur“ (Inninger Straße bis Föllstraße) wurde aus Gründen des Immissionsschutzes, städtebaulichen Aspekten sowie zur Verbesserung des Stadtklimas auf einer Länge von rund 1,8 km ein „Rasengleis mit hochliegender Vegetationsebene“, also Rollrasen, d.h. makelloses Grün, verlegt.
Auf Königsbrunner Seite hat man sich dagegen für die dortigen circa 2,5 km der neuen Strecke mit Saatgut für ein „Rasengleis mit tiefliegender Vegetationsebene“ (sog. offener Oberbau) begnügt. Die Gleise der mit Saatgut versehenen Trasse liegen gleichsam über der Erde und sind deutlich sichtbar. In der dort angesäten „ökologisch höherwertigen Blumenrasenmischung“ können z. B. Insekten den Lebensraum von Anfang an nutzen. Bei der „hochliegenden“ Rollrasentrasse ist der gesamte Gleiskörper vollständig in den Boden integriert, die Gleise verschwinden optisch im Rasenbeet.
Dafür war eine rund 1,5 Mio. Euro teure Schienenisolierung zur Verhinderung von Streustromkorrosion erforderlich. Auf Augsburger Seite wurden 12.700 qm Rollrasen, der übrigens aus Nordsachsen angeliefert wurde, verlegt. Kosten: Rund 137.000 Euro. Dazu kommen nach Mitteilung der Stadtwerke Augsburg weitere Kosten in Höhe von rund 440.000 Euro für Lieferung und Einbau folgender Komponenten:
⊲ „geotextiles Trennelement zwischen Frostschutzschicht und Substrat
⊲ Vegetationstragschicht mit Planumsherstellung
⊲ Rasenwaben (für bedingte Befahrbarkeit mit bereiften Instandhaltungsfahrzeugen)
⊲ Landschaftsrasensubstratschicht mit Planumsherstellung sowie
⊲ Anwachspflegearbeiten (wie Wässern und Mähen)“.
Die reine Rasenansaat (ohne Substrat) für das tiefliegende Rasengleis auf Königsbrunner „Flur“ hat mit nur rund 3.300 Euro zu Buche geschlagen. Einer kostenintensiven Schienenisolierung bedarf es bei dieser Variante nicht.
Auch in Pflege und Unterhalt unterscheiden sich die beiden Rasengleise. Während man bei dem Augsburger „hochliegenden“ Rasengleis mit circa 12 bis 14 Mähgängen pro Jahr rechnet, will man bei dem Königsbrunner „tiefliegenden“ Rasengleis mit nur zwei bis vier Mähgängen im Jahr auskommen.
Da die Trasse in Königsbrunn zum Teil sehr nahe an Einfamilien- und Reihenhäusern vorbeiführt, war dort auf einen notwendigen Schall-, Erschütterungs- sowie Sichtschutz zu achten. Daher wurden an der Süd-West-Seite der Trasse eine 2,2 m hohe begrünte Schallschutzwand sowie auf der Nord-Ost-Seite der Trasse eine 1,2 m hohe Schallschutzwand errichtet, die zusätzlich mit circa 1,6 Mio. Euro brutto zu Buche schlugen.
Die Rasengleise wurden nach Mitteilung der Stadtwerke Augsburg zwischenzeitlich „als voll zuwendungsfähig“ anerkannt. Die Stadtwerke Augsburg entgegneten zum Vorwurf einer nicht mehr sachgerechten Verwendung öffentlicher Mittel: „Der Einsatz von Rollrasen bei Rasengleisen mit hochliegender Vegetationsebene ist im Hinblick auf Instandhaltung (Mäharbeiten mit verfügbarem Maschinenpark, Unterdrückung Unkrautwuchs), Verlegezeitpunkt (Herbst, sofort begehbar im Hinblick auf noch laufende Restarbeiten bis zur Inbetriebnahme) und Zielerreichung für die städtebaulich gewünschte Optik sachgerecht. Bei der Gesamtkostenbetrachtung spielt die Wahl des Rasens (Rollrasen oder Rasenansaat) ohnehin eine eher untergeordnete Rolle.
Die wesentlich höheren Kosten bei Rasengleisen mit hochliegender Vegetationsebene liegen in der notwendigen und sehr aufwendigen Schienenisolierung zur Verhinderung von Streustromkorrosion.“
Und weiter: „Insofern sind wir der Auffassung, dass hier Steuergelder zielgerichtet, angemessen und nachhaltig eingesetzt worden sind.“
Foto: Maria Ritch/Michael Stocker

Der Bund der Steuerzahler meint
Die Mehrausgaben für den teuren, ökologisch wenig sinnvollen Rollrasen auf Augsburger „Flur“ hätte man sich sparen können. Dabei spielt es aus Sicht der Steuerzahler keine Rolle, dass diese Ausgaben aus staatlichen Mitteln finanziert werden – Steuergeld bleibt Steuergeld.
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