„Museum des 20. Jahrhunderts“ – große Hoffnungen, höhere Kosten
Kostenexplosion schon vor dem ersten Spatenstich
Was ist passiert?
Bund. Im Herzen Berlins soll die Nationalgalerie um einen Neubau am Kulturforum erweitert werden – das „Museum des 20. Jahrhunderts“. Bedeutende Werke, die bisher zu großen Teilen in Depots schlummern, sollen auf der neuen Ausstellungsfläche gezeigt werden. Zudem sollen Angebote von Sammlern, die ihre Kunstwerke der Nationalgalerie überlassen wollen, wahrgenommen werden, um diese Kunst der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Nicht zuletzt verbindet sich mit dem Neubau die Hoffnung, dass das Kulturforum in der Nähe des Potsdamer Platzes städtebaulich aufgewertet wird.
Mit dem neuen Museumsprojekt verbinden sich jedoch nicht nur viele Hoffnungen, sondern auch hohe Kosten für die Steuerzahler. Gemessen an den Kosten pro Quadratmeter soll das „Museum des 20. Jahrhunderts“ voraussichtlich fast doppelt so teuer werden wie das Humboldt-Forum, das – ebenfalls als hochklassiger Museumsneubau – jüngst in Berlin errichtet wurde.
Bemerkenswert ist vor allem, dass die im Bundeshaushalt veranschlagten Kosten bereits vor dem ersten Spatenstich um 80 Prozent gestiegen sind – auf jetzt 364,2 Mio. Euro. Das sind rund 164 Mio. Euro mehr als die 200 Mio. Euro, die der Deutsche Bundestag 2014 erstmalig für das Projekt bewilligt hatte. Hinzu kommen möglicherweise Mehrkosten von 52,2 Mio. Euro für künftige Bau-Indexsteigerungen und 33,8 Mio. Euro für Risikokosten, wie das Bundesfinanzministerium laut der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) ermittelt hat. Damit beliefe sich die Gesamtsumme auf stolze 450,2 Mio. Euro.
Wie konnte es zu einer derartigen Kostensteigerung kommen? Die Gründe sind vielfältig, wobei erneut typische Muster von Baukostensteigerungen öffentlicher Bauprojekte erkennbar sind: mangelnde Kostentransparenz, Umplanungen und voreilige Beschlüsse.
Laut BKM sind gestiegene Baupreise aufgrund der Konjunktur ein Grund für die höheren Kosten. Baupreise und Risikokosten würden nun mitkommuniziert, was „bislang unüblich“ gewesen sei.
Auch Umplanungen haben den Bau teurer gemacht: Die ursprünglich geplante Grundfläche des Gebäudes wurde nachträglich um rund 15 Prozent verkleinert, u. a. um den Abstand zu einer benachbarten Kirche zu vergrößern; die Ausstellungsfläche wurde jedoch nicht entsprechend reduziert. Um diesen Platz zu schaffen, soll der Bau – mit höheren Kosten – mehr in die Tiefe getrieben werden.
Zudem wurde das Bauprojekt zu einem sehr frühen Stadium im Haushalt veranschlagt. Bereits Ende 2014 beschloss der Bundestag, für den Museumsneubau in den kommenden Jahren bis zu 200 Mio. Euro bereitzustellen. Grundlage war jedoch lediglich eine „Variantenuntersuchung zum Standort“, wie die BKM auf Anfrage des Bundes der Steuerzahler mitteilte. Den angenommenen Kosten lag noch keine standortspezifische Gebäudeplanung zugrunde. Dass das Projekt damit zum Zeitpunkt des Beschlusses bereits reif für eine ordentliche Veranschlagung im Haushalt war, darf bezweifelt werden – im Regelfall sollten Baumaßnahmen erst dann veranschlagt werden, wenn Planungen vorliegen, mit denen Kosten, Termine und Qualitäten eines Projekts sicher beurteilt werden können. Eine fundierte Kostenberechnung erfolgte jedoch erst im Herbst 2019, wie die BKM weiter informierte. Auf Basis dieser Kostenberechnung sind nun 364,2 Mio. Euro im Haushalt eingestellt, um den Bau bis 2026 fertigzustellen.
Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass der Bundestag die Mittel weiter wird aufstocken müssen. Denn: Die vom Bundesfinanzministerium ermittelten Baukostensteigerungen und Kosten für Risiken, die nun immerhin „mitkommuniziert“ werden, sind im Bundeshaushalt bisher nicht eingestellt.
Foto: Philipp Behm
Der Bund der Steuerzahler meint
Öffentliche Bauprojekte sollten erst dann im Haushalt veranschlagt werden, wenn konkrete Planungen und Kostenberechnungen vorliegen. Andernfalls drohen diese Projekte zur Kostenfalle für die Steuerzahler zu werden.
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