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17.10.2023

Murks mit Ansage

Politik achtet zu wenig auf Folgen ihrer Gesetze – dann wiegen Bürokratielasten tonnenschwer

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Was ist passiert?

Bund. In Sonntagsreden versprechen Politiker immer wieder eine moderne und digitale Verwaltung, schnelle Entscheidungsprozesse sowie weniger Bürokratie. So schön diese Beteuerungen auch klingen, so wenig haben sie oft mit der Realität zu tun. Denn Aktionismus und gesetzliche Schnellschüsse treffen häufig auf eine unvorbereitete Verwaltung, die mit der zügigen und sparsamen Umsetzung politischer Vorhaben überfordert ist. Im Zuge dessen schlagen sich Behörden und Ämter mit der politisch verordneten Verwaltungsdigitalisierung herum, die nur digitale Insellösungen hervorbringt – ohne erkennbare Gesamtstrategie. Für die Steuerzahler hat das unnötig teure Folgen. Dazu wichtige Beispiele:

Grundrente: Im Kampf gegen drohende Altersarmut beschloss die Politik Mitte 2020, die sogenannte Grundrente für langjährig Versicherte mit unterdurchschnittlichem Einkommen bereits mit Wirkung zum Jahresanfang 2021 einzuführen. In einem komplizierten Kompromiss handelte die Politik aus, dass sich die Rentenversicherung mit den Finanzverwaltungen zu einem digitalen Datenaustausch verknüpfen muss, um Ansprüche auf den Grundrentenzuschlag zu prüfen. Doch dafür gab es damals noch keine technische Infrastruktur – vielmehr musste erst noch ein hochkomplexes IT-System geschaffen werden. 26 Mio. Bestandskonten waren, teils manuell, zu checken. Ein Bürokratiemonster war geboren – trotz vieler mahnender Stimmen während des Gesetzgebungsverfahrens.

Die Folge: Bis Ende 2022 waren Verwaltungs- und Verfahrenskosten für die Ein- und Durchführung der Grundrente in Höhe von 465 Mio. Euro aufgelaufen. In Spitzenzeiten waren bei der Rentenversicherung rund 3.500 zusätzliche Mitarbeiter nötig, um dieses Bürokratiemonster zu zähmen.

Verknüpfung von IBAN und Steuer-ID: „Schnelle und spürbare Entlastungen“ versprach die Bundesregierung im Rahmen ihrer Entlastungspakete 2022, u. a. durch eine einmalige Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro für alle steuerzahlenden Erwerbstätigen. Die Krux: Die Politik gab ein Versprechen ab, das sie aus eigener Kraft gar nicht halten konnte – denn ein entsprechendes Auszahlungssystem war gar nicht vorhanden. Kurzerhand spannte die Politik ungefragt die Arbeitgeber vor ihren Karren, indem diese für die Auszahlung der Pauschale an die Beschäftigten verantwortlich gemacht wurden und hierfür teilweise auch noch finanziell in Vorleistung gehen mussten. Viele Betriebe sahen sich nun mit einem Bürokratie- und Kostenchaos konfrontiert, nur weil sich die Politik mit einem gene­rösen Gelöbnis selbst übernommen hatte. Seitdem bessert die Politik nach und versucht sich im digitalen Fortschritt. So wurde Ende 2022 mit dem Jahressteuergesetz beschlossen, den „Aufbau einer Infrastruktur für einen direkten Auszahlungsweg für öffentliche Leistungen unter Nutzung der steuerlichen Identifikationsnummer“ voranzutreiben. Kurzum: Die Bankdaten eines jeden Steuerzahlers sollen mit seiner persönlichen Steuer-ID verknüpft werden. Dieses IT-Projekt gibt es aber nicht zum Nulltarif, denn voraussichtlich fallen dafür bis 2026 Umsetzungskosten von rund 54 Mio. Euro an – dazu gehören auch insgesamt 13 dauerhafte Beamtenposten beim Bundeszentralamt für Steuern und beim ITZ Bund als dem zentralen IT-Dienstleister des Bundes.

Und es bleiben weitere Wermutstropfen. Zum einen ist das neue Auszahlungssystem nicht ohne Weiteres nutzbar, denn, so das Finanzministerium: „Für eine Auszahlung von einzelnen Geldleistungen an Bürgerinnen und Bürger ist eine eigene gesetzliche Grundlage für die Festsetzung dieser Leistung erforderlich.“ Heißt: Künftig denkbare Direktauszahlungen bedürfen immer eines neuen Gesetzes. Außerdem ist das teure IT-System auch nur für den Bund, da das neue Verfahren keine Direkttransfers durch die Länder vorsieht.

Pauschale für Studenten: Auch Studenten und Fachschüler wollte die Politik mit einer Energiepreispauschale in Höhe von 200 Euro berücksichtigen. Das Motto der Bundesregierung auch hier: „schnell und unbürokratisch“. Das war im Spätsommer 2022. Doch auch hier musste erst ein technischer Auszahlungsweg erfunden werden, zudem tat sich schnell ein großer Konflikt zwischen Bund und Ländern rund um Kompetenzen auf. Die Negativ-Bilanz: Nicht nur, dass Studenten am abstrusen Antragsverfahren verzweifelten, auch ging die Plattform erst Mitte März 2023 an den Start – also nach dem kalten Winter, für den die Studenten das Geld benötigt hätten. Hinzu kommen auch in diesem Fall enorme Kosten: Rund 8 Mio. Euro muss der Bund für die Entwicklung der digitalen Antragsplattform schultern. Den Ländern legt die Bundesgesetzgebung sogar Verwaltungskosten von bis zu 40 Mio. Euro auf. Und das alles für ein teures IT-Projekt, das als Eintagsfliege enden kann, da eine konkrete Nachnutzung für das Verfahren derzeit nicht ansteht.

Pflegereform: Bei der Pflegereform, die Mitte 2023 in Kraft trat, müssen nun Eltern mit Kindern im Erziehungsalter – je nach Anzahl der Kinder – einen unterschiedlich hohen Beitrag an die Pflegeversicherung leisten. Das klingt nicht nur kompliziert, sondern ist es auch. Wiederum zeigten sich die Ministerien naiv und wollten binnen weniger Monate ein „Verfahren zur Erhebung und zum Nachweis der Anzahl der Kinder bis spätestens zum 1. Juli 2023“ aus dem Hut zaubern. Die Maxime der Regierung abermals: „effizientes, schnelles und digitales Verwaltungshandeln“. Doch wieder einmal ist ein immenser Bürokratieaufwand für Arbeitgeber und Beschäftigte dabei herausgekommen, da die Anzahl und das Alter der Kinder in jedem Einzelfall manuell erfasst werden müssen. Die zentrale und digitale Abrufmöglichkeit für Betriebe fehlt aber bis heute und wird noch länger auf sich warten lassen. Es wird dauern, bis bei den beitrags­abführenden Stellen und Pflegekassen die erforderlichen Schnittstellen für die Verbindung unterschiedlichster Programme installiert sind. Aktuelle Zielmarke dafür:

1.4.2025. Die Kosten für das Mammutprojekt werden derzeit ermittelt, dürften aber wieder Millionen Euro Steuergeld binden. Wieder einmal hat die Realität die Träume der Politik eingeholt. Bei all dem Aufwand mutet es grotesk an, dass auch nach der Einführung des neuen Digitalverfahrens im Zweifelsfall alles beim Alten bleibt, denn die Kassen und beitragsabführenden Stellen sollen die berücksichtigungsfähigen Kinder dann auch weiterhin analog nachweisen dürfen.

Foto: Sebastian Panknin

Der Bund der Steuerzahler fordert

Die Politik muss ihre hehren Visionen in eine bessere Rechtsetzung packen und sich vorab stärker mit der Verwaltung kurzschließen! Das Motto „schnell und unbürokratisch“ ist gut. Schnelle Verfahren befreien jedoch nicht von der Verantwortung, die Folgen zu bedenken – sowohl mit Blick auf Bürokratie­lasten und Kosten als auch eine funktional vernetzte IT-Infrastruktur.

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Autor des Artikels

Sebastian Panknin

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