
Millionenteure Fehler bei Corona-Ausgleichszahlungen
Verlagerung von Klinikbetten führt zu fragwürdigen Zahlungen
Was ist passiert?
Bremen. Im März 2020 hatte der Bund das „COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz“ beschlossen. Um Kapazitäten für die Behandlung von Corona-Patienten freihalten zu können, erhalten Krankenhäuser seitdem einen finanziellen Ausgleich für das Verschieben planbarer Eingriffe. Die Höhe der Ausgleichszahlungen bemisst sich an den durchschnittlichen Belegungszahlen des „Vor-Corona-Jahres“ 2019. Behandelte eine Klinik fortan also weniger Patienten als im Jahresschnitt 2019, erhielt sie als Ausgleich Geld vom Bund. Abgewickelt wurden die Zahlungen über die Behörden der Länder.
In Bremerhaven führte dieses stark vereinfachte Verfahren allerdings zu kostspieligen Verwerfungen. Zum 1.1.2020 hatte ein ortsansässiges privates Klinikunternehmen seine pädiatrische Abteilung an das städtische Klinikum abgegeben. Weil sich allerdings die verlagerten 42 Betten im berechnungsrelevanten Jahr 2019 noch in der Zuständigkeit des privaten Anbieters befanden, konnte er diese bei der Berechnung der Ausgleichszahlungen 2020/2021 in voller Höhe geltend machen. Knapp 2,9 Mio. Euro des Bundes flossen so an den alten Träger, obwohl ihm die entschädigten Betten seit Januar 2020 – und damit bei Ausbruch der Pandemie – gar nicht mehr gehörten.
Das städtische Klinikum wäre als neuer Besitzer hingegen eigentlich leer ausgegangen, wenn das Bremer Gesundheitsressort nicht eigenmächtig entschieden hätte, an das Klinikum ebenfalls rund 1,6 Mio. Euro des Bundes ausschütten zu lassen.
Für diese Praxis kassierte Bremen im August 2020 allerdings einen Rüffel aus Berlin und musste die Zahlungen an das städtische Klinikum einstellen. Bis dahin waren die 42 Betten der Kinderklinik aber bereits fast 5 Monate lang doppelt vergütet worden – beim alten und beim neuen Träger. Doch damit nicht genug.
Weil zahlreiche Bremer Kliniken im Herbst 2020 wegen niedriger Infektionszahlen aus dem Bundesprogramm ausgeschieden waren, legte das Land Bremen im November 2020 ein landeseigenes Ausgleichsprogramm auf. Und obwohl die Bettenverlagerungsproblematik zu diesem Zeitpunkt bereits bestens bekannt war, legte auch das Land die Belegungsdurchschnitte des Jahres 2019 als Referenzwert an.
Es kam, wie es kommen musste: Es flossen weitere rund 311.000 Euro an den ehemaligen privaten Betreiber der Bremerhavener Kinderklinik. Und weil der Bund bei der Vergabe von landeseigenen Geldmitteln nicht dazwischenfunken konnte, freute sich auch der neue städtische Träger über mindestens 540.000 Euro. Erneut kam es also zu einer doppelten Vergütung der 42 Kinderklinikbetten – dieses Mal auf Kosten des Landes.
Unterm Strich sind im Zeitraum März 2020 bis Ende Januar 2021 wegen der offenkundig unzureichenden Berechnungsgrundlagen in Bremerhaven mindestens 3,2 Mio. Euro an den ehemaligen und somit „falschen“ Klinikträger geflossen, während das städtische Klinikum als neuer Betreiber der Kinderklinik durch ergänzende Zahlungen in Höhe von insgesamt 2,1 Mio. Euro milde gestimmt wurde.
Foto: Ante Samarzija on Unsplash (Symbolbild)
Der Bund der Steuerzahler kritisiert
Bei Ausbruch der Pandemie im Frühjahr 2020 wurden die Hilfsprogramme für Krankenhäuser und Kliniken mit „heißer Nadel gestrickt“. Die in der Folgezeit offensichtlich gewordenen Unzulänglichkeiten der Berechnungsgrundlagen hätten aber frühzeitig korrigiert werden müssen.
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