
Kurzfristiger Aktionismus führt zu Millionen-Fehlkauf
Bedürfnisse missachtet – Elektroleichen und Ladenhüter sind die Folge
Was ist passiert?
Sachsen-Anhalt. Laut Koalitionsvertrag der aktuellen Regierungskoalition ist das Land gemeinsam mit den Schulträgern dafür verantwortlich, dass „die digitale Infrastruktur, die Administration sowie der benötigte Support für Schulen aller Schulformen sichergestellt werden“. Das Land wollte daher über eine Anschubfinanzierung die IT-Sicherheit an Schulen erhöhen.
Noch vor der Landtagswahl 2021 beschaffte das Land Hardware für Firewall-Systeme, um eine „flächendeckende IT-Sicherheitsarchitektur an Schulen in Sachsen-Anhalt vorzusehen“. Die Auslieferung erfolgte allerdings nur an 540 von insgesamt fast 900 Schulen. Schon an dieser Stelle wurde das Projekt nicht gänzlich vollzogen – angeblich wegen der Beeinträchtigungen durch die Coronapandemie. Außerdem verpflichtete sich Sachsen-Anhalt im Rahmen der Anschubfinanzierung dazu, neben den Kosten für die Installation auch die Ausgaben für die Betreuung und Wartung der Systeme bis 2023 zu übernehmen. Insgesamt wurden rd. 18,2 Mio. Euro investiert.
Nach Auslaufen der Anschubfinanzierung kam zu Beginn des Jahres 2024 die ernüchternde Nachricht, dass die Systeme in den Schulen größtenteils nicht genutzt wurden und werden. Eine Reihe von Schulträgern hatte den Einsatz trotz Kostenübernahme des Landes von vornherein abgelehnt. Laut Digitalministerium sind an ca. 540 von insgesamt fast 900 Schulen die beschafften Geräte „ausgebracht“ worden. Für eine Weiternutzung der Komponenten hätten sich aber nur 40 Schulen ausgesprochen.
Die Ursachen für die fehlende Akzeptanz sind vielfältig. So bestünden u. a. organisatorische und technische Probleme, Sicherheitsrisiken und unerwünschte Auswirkungen auf andere Geräte. Das Auslaufen der Kostenübernahme des Landes für den Betrieb nach drei Jahren hat zudem dazu geführt, dass die Schulträger die Betriebskosten allein tragen müssen. In vielen Kommunen fehlen dafür aber die Mittel.
Doch Geld allein macht nicht glücklich. Dieser Fall zeigt, dass die Digitalisierung des öffentlichen Bildungssystems eine solide Grundfinanzierung statt kurzfristigen Aktionismus braucht! Auch die Finanzierung der laufenden Kosten nach der Anschaffung muss sichergestellt sein. Fakt ist, dass auf Landesebene erhebliche Summen zur Verfügung standen, die vorschnell und ohne ausreichende Abstimmung mit den Nutzern eingesetzt wurden. Es ist generell nicht einfach, Landes- und kommunale Interessen unter einen Hut zu bringen. Letztlich hat hier das Land versagt. Unterschiedliche kommunale Bedürfnisse im Hinblick auf die IT-Sicherheitsarchitektur an den Schulen sind auf unzureichende Landeskonzepte getroffen und haben dann zu einem Fehleinkauf geführt. Eine konkrete Bedarfsabfrage bei den Schulträgern wäre nicht nur hilfreich, sondern auch notwendig gewesen.
Offen bleibt derzeit, wer in der Landesregierung für den Vorgang verantwortlich war bzw. ist. Eigentlich war damals ein Arbeitskonzept bzw. eine Vereinbarung zur Realisierung von Firewall-Geräten an den Schulen zwischen den beteiligten Ministerien verabredet worden. Zur Umsetzung kam es jedoch offensichtlich nicht. Ebenso offen bleibt, was mit den nicht genutzten Geräten weiter passiert. Das für die Abwicklung jetzt zuständige Ministerium für Infrastruktur und Digitales hat angekündigt, nicht genutzte Geräte zu ihrem „vollen Wert“ zu veräußern. Nach Einschätzung von Fachleuten dürfte sich dadurch – wenn überhaupt – nur ein Bruchteil der Anschaffungskosten ersetzen lassen.
In den zuständigen Ausschüssen des Landtags führte dieser Vorgang im ersten Halbjahr 2024 zunächst zu großer Aufregung, Diskussionen und Nachfragen. Trotz unzureichender Aufklärung wurde die Angelegenheit schon nach einmaliger Befassung „für erledigt“ erklärt. Für Steuerzahler ist dies nicht nur unverständlich, sondern auch skandalös. Wieder einmal wird für die Verschwendung von Steuergeld in Millionenhöhe niemand zur Verantwortung gezogen.
Foto: Bund der Steuerzahler Sachsen-Anhalt e. V.
Alternative Investition
Für zehn Mio. Euro könnten fünf Jahre lang Stellen für Medienpädagogen finanziert werden.
Der Bund der Steuerzahler kritisiert
Gut gemeint allein reicht nicht. Die Installation und nachhaltige Nutzung von IT-Infrastruktur kann nur gelingen, wenn die Nutzer vor dem Einkauf die Chance haben, ihren Bedarf und ihre sonstigen Anforderungen darzustellen. Durch den kurzfristigen Aktionismus des Landes wurde nicht nur das Projektziel verfehlt, was auch noch zu „Elektroleichen“ und Ladenhütern geführt hat, sondern es wurden auch Millionensummen verpulvert – zulasten der Steuerzahler.
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