
Kostenexplosion bei Tunnelbau
Fünf Jahre verspätet und 82 Mio. Euro verteuert
Was ist passiert?
Bremerhaven (HB). Mit der Freigabe des 1,8 km langen Hafentunnels hat die Stadt Bremerhaven im Februar 2024 die lang ersehnte Anbindung des Überseehafengebiets an die A27 geschaffen. Schon seit den 1990er-Jahren hatte sich die ortsansässige Politik mit verschiedenen Anbindungsvarianten und insbesondere der Frage „mit oder ohne Tunnel“ befasst. Dabei spielten auch die erwartbar hohen Kosten des Tunnelbaus eine Rolle. Konkrete Entscheidungen wurden lange nicht getroffen.
Erst als der Bund in Aussicht stellte, für einen Tunnelbau 120 Mio. Euro bereitzustellen, fand die Debatte ein Ende. Im Dezember 2008 legte sich die Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung schließlich auf die heutige Tunnelvariante fest. Für Bau und Planung wurden damals rd. 188,7 Mio. Euro veranschlagt. Der Bau begann im November 2013, die Tunnel-Inbetriebnahme war für Anfang 2019 vorgesehen.
Wirtschaftlich war der Tunnelbau von Anfang an kaum zu rechtfertigen. Schon die richtungsweisende Wirtschaftlichkeitsuntersuchung aus dem Jahr 2009 attestierte dem Tunnel ein mickriges Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) von lediglich 1,08. Auf dem Papier ging er damit gerade noch als „wirtschaftlich“ durch, allerdings nur deshalb, weil die Planungskosten (28,7 Mio. Euro) nicht in die Berechnungen mit einbezogen werden mussten. Zur Einordnung: Ab einem NKV von über eins gilt ein Straßenbauprojekt formal als wirtschaftlich, meist liegt der NKV allerdings bei drei und darüber, sodass noch Luft für etwaige Kostensteigerungen bleibt, ohne gleich die Wirtschaftlichkeit aufs Spiel zu setzen. Beim Hafentunnel hätte man sich also von vornherein nicht den kleinsten Patzer leisten dürfen.
Das hielt die Bremerhavener Stadtspitze jedoch nicht davon ab, noch vor Baubeginn und entgegen der politischen Beschlusslage ein unkalkulierbares Wagnis einzugehen und die Projektsteuerung auszutauschen: Statt der erfahrenen Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (DEGES) sollte die unerfahrene, stadteigene Wirtschaftsförderungsgesellschaft (BIS) den Tunnelbau verantworten. Diese Entscheidung schien angesichts der Komplexität eines Tunnelbauprojekts nicht nachvollziehbar und löste entsprechend heftige Kritik aus. Auch der Bund der Steuerzahler warnte damals eindringlich, die BIS könnte mit der Aufgabe überfordert sein. Der damalige Stadtbaurat und der Oberbürgermeister verbaten sich hingegen jedwede Kritik an ihrer städtischen Gesellschaft und verteidigten die Entscheidung.
Doch die Kritiker sollten Recht behalten: Der ursprüngliche Fertigstellungstermin musste mehrfach verschoben werden. Hierzu dürften nicht zuletzt Streitigkeiten zwischen der BIS und den bauausführenden Firmen beigetragen haben. Erst im Februar 2024 – und damit fünf Jahre später als geplant – konnte der Hafentunnel Eröffnung feiern.
Den Steuerzahlern dürfte mit Blick auf die Kostenexplosion jedoch kaum nach Feiern zumute sein: Unfassbare 272 Mio. Euro hatte der Tunnelbau am Ende verschlungen. Darüber hinaus fallen künftig ca. 900.000 Euro jährlich für den Betrieb und die Unterhaltung des Tunnels an.
Foto: Nico Steinert
Alternative Investition
Diesmal keine Angabe – auch wegen der Mischfinanzierung schwer.
Der Bund der Steuerzahler kritisiert
Straßenbauprojekte müssen sich an ihrer Wirtschaftlichkeit messen lassen! Der mit ihnen verbundene Nutzen muss die anfallenden Kosten also verlässlich und nennenswert übersteigen. Beim Hafentunnel war früh absehbar, dass diese Wirtschaftlichkeit nicht gegeben sein würde, aber wie so oft wurde ein politisch gewolltes Prestigeprojekt dennoch durchgezogen.
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