
Kohlemittel für „Kranicherlebniszentrum“
Zweifelhafte Effekte durch Millioneninvestitionen in Naturerlebniszentrum
Was ist passiert?
Kelbra/Kyffhäuser (ST). Der Stausee Kelbra im Landkreis Mansfeld-Südharz ist Sachsen-Anhalts größter Rastplatz für Kraniche. Um die Vogelbeobachtung im Einklang mit der Natur zu ermöglichen, wurde bereits im 2. Halbjahr 2023 im Rahmen des Artensofortprogramms ein neuer Holzturm für rd. 480.000 Euro errichtet. Der neue Aussichtsturm gestattet einen Blick auf den Stausee und die Vögel, im Herbst insbesondere auf Kraniche, die dort regelmäßig Rast machen. Laut Angaben der Landesregierung zieht dieses Naturerlebnis an der Landesgrenze zu Thüringen jährlich tausende Besucher an. Doch dies reicht der Landesregierung offensichtlich nicht aus. Geht es nach dem Willen der Landesregierung, sollen hier ab 2024 zusätzlich ca. acht Mio. Euro in ein modernes Naturerlebniszentrum investiert werden, damit am Stausee Kelbra nicht nur Kraniche Rast machen, sondern auch noch mehr naturinteressierte Menschen.
Problematisch ist jedoch, dass für das sogenannte Kranicherlebniszentrum rd. 7,2 Mio. Euro – ca. 90 Prozent der Gesamtinvestition – aus Bundeshilfen zum Strukturwandel im Zusammenhang mit dem Kohleausstieg finanziert werden sollen. Den Eigenanteil von bis zu 800.000 Euro sowie Betriebs- und Personalkosten soll der Talsperrenbetrieb des Landes übernehmen.
Dabei können die sogenannten Strukturhilfemittel ein wichtiger Baustein bei dem Übergang zum Kohleausstieg sein. Zur Abmilderung der Folgen des Ausstiegs aus der Braunkohleverstromung stehen Sachsen-Anhalt als Finanzhilfen bis 2038 insgesamt 1,68 Mrd. Euro direkt zur Verfügung. Darüber hinaus setzt der Bund eigene Maßnahmen in den Kohleregionen um, sodass insgesamt eine Summe von 4,8 Mrd. Euro in Sachsen-Anhalt investiert werden soll.
Die Regularien zum Einsatz der Strukturhilfemittel waren von Anfang an sowohl hinsichtlich der möglichen Einsatzzwecke als auch der territorialen Abgrenzungen weit gefasst. Obwohl die Stadt Kelbra vom Kohleausstieg nicht direkt betroffen ist, kann nun zig km weit entfernt von Tagebauen und Kraftwerken, wie z. B. dem Kohlekraftwerk Schkopau, in touristische Infrastruktur und somit in ein Naturerlebniszentrum investiert werden, ohne dass eine zweckwidrige Verwendung vorliegt. Ein Zusammenhang zwischen den in der betroffenen Kohleregion direkt wegfallenden Arbeitsplätzen und der geplanten Neuinvestition in ein „Kranicherlebniszentrum“ ist allerdings kaum erkennbar.
Dies gilt umso mehr, da im neuen Erlebniszentrum keine vergleichbaren Arbeitsplätze entstehen. Diese kritischen Argumente gegen den Einsatz der „Kohlemittel“ am Stausee Kelbra scheinen für die Landesregierung jedoch offenbar nicht relevant zu sein. Für den Bund der Steuerzahler ist die Sinnhaftigkeit des Einsatzes von Strukturhilfemitteln an dieser Stelle für den geplanten Zweck nicht nachvollziehbar. Der finanzielle Aufwand für das Ziel der Landesregierung, „direkte und indirekte Effekte auf die lokale Wirtschaftsstruktur und einen Zuwachs an Arbeitskräften zu initiieren“, ist enorm, ein adäquater Nutzen ist derzeit jedoch nicht zu erkennen.
Für die Region und den Landkreis kann die geplante Investition zwar als ein Geschenk betrachtet werden, da kein eigenes Geld dafür aufgebracht werden muss. Aber: Auch die Strukturhilfemittel sind Steuergeld!
Foto: Bund der Steuerzahler Sachsen-Anhalt e. V.
Alternative Investition
Die Mittel sollten besser dort investiert werden, wo durch den Kohleausstieg Jobs in Kraftwerken und Tagebauen wegfallen.
Der Bund der Steuerzahler fordert
Die bereits erfolgte Investition in einen neuen Aussichtsturm für rd. 500.000 Euro ist sinnvoll und nachvollziehbar. Der geplante Neubau eines Naturerlebniszentrums für acht Mio. Euro, finanziert aus Mitteln für den Strukturwandel nach dem Kohleausstieg, ist dagegen nicht nur abwegig, sondern auch verfehlt. Die angeblichen Effekte sind äußerst fragwürdig, zumal keine vergleichbare neue Wertschöpfung oder vergleichbare neue Arbeitsplätze entstehen. Das Vorhaben muss gestoppt werden!
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