
Knallige Plakatwerbung fürs Bürgergeld
Jobcenter finden sich zu bürokratisch, zu kompliziert und zu offline
Was ist passiert?
Berlin. Ab Ende Januar 2024 stach in zahlreichen Berliner U-Bahnhöfen die knallige Reklame der Berliner Jobcenter ins Auge. „Du findest uns zu bürokratisch, zu kompliziert, zu offline. Wir uns auch.“ prangte es in großen Lettern von den Plakatwänden. Vor pinkfarbenem, blauem oder grünem Hintergrund versprach die Behörde weniger Paragrafen-Blabla, mehr Digitalisierung und die Prüfung eines Anspruchs auf Bürgergeld.
Die Berliner Jobcenter teilten dem Bund der Steuerzahler auf Nachfrage mit, dass es sich bei der stadtweiten Kommunikationskampagne um eine einmalige Aktion aller zwölf Berliner Jobcenter zum Start der Umsetzung eines modernisierten Corporate Designs handle. Die drei verschiedenen Motive seien an 350 Großflächen gezeigt worden. Ziel der Kampagne sei gewesen, den Erwartungen an eine bürgernahe Behörde gerecht zu werden und die modernen Beratungs- und Förderleistungen der Berliner Jobcenter sichtbar zu machen. Durch die erhöhte mediale Aufmerksamkeit und das moderne Auftreten der Berliner Jobcenter sollten mittelfristig Schwellenängste bei der Zusammenarbeit mit den Jobcentern abgebaut werden. Mit der Kampagne sollte aber explizit keine Werbung für die Sozialleistung „Bürgergeld“ gemacht werden.
Die Gesamtkosten für die Ausarbeitung des Corporate Design-Manuals, für Begleitung, Umsetzung und Mediaplanung zur Imagekampagne, eine Instagram-Beratung sowie die Großflächenplakate inkl. Druck und Lagerung beliefen sich auf 191.704,49 Euro brutto und wurden anteilig durch alle Berliner Jobcenter getragen. Den Ausgaben der Kampagne stünden jedoch rechnerische Einsparungen beim Versand von Informationen an die Bedarfsgemeinschaften per Post gegenüber.
Mit der Kampagne würden die Berliner Jobcenter, so hieß es, auch dem Kerngedanken des Bürgergelds, der „Zusammenarbeit auf Augenhöhe“, Rechnung tragen und damit dem politischen Willen des Gesetzgebers folgen. Zudem ergebe sich eine Verpflichtung aus dem Sozialgesetzbuch, sich als zuständiger Leistungsträger den Bürgern der Stadt zugänglich zu zeigen.
Der Bund der Steuerzahler sieht hingegen weder eine Notwendigkeit für die Überarbeitung des Corporate Designs der Jobcenter-Behörde noch für die reklamehafte Bewerbung des offenbar bestens angenommenen Bürgergelds. Immerhin haben es derzeit bundesweit rund 5,5 Mio. Anspruchsberechtigte geschafft, ohne Schwellenängste Bürgergeld zu beantragen. Selbst Menschen mit Migrationshintergrund sind trotz vielfach vorhandener Sprachbarriere offenbar grundsätzlich in der Lage, einen Antrag zu stellen. Ihr Anteil macht laut Bundesagentur für Arbeit immerhin fast zwei Drittel der Bürgergeldbezieher aus.
Foto: Alexander Kraus
Alternative Investition
Die verfügbaren Mittel hätten besser in die Vermeidung von Leistungsmissbrauch und die Eingliederung in den Arbeitsmarkt gesteckt werden sollen, denn knapp vier Mio. Bürgergeldempfänger sind laut Bundesarbeitsministerium erwerbsfähig.
Der Bund der Steuerzahler meint
Die reklamehafte Aufmachung der Jobcenter-Plakate spricht eher für eine Werbung für das Bürgergeld als für eine sachliche Aufklärung.
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