Newsletter

Der Schutz Ihrer Daten ist uns wichtig. Diese Hinweise zum Datenschutz finden Sie in unseren Datenschutzrichtlinien. Diesen stimme ich zu.

Die mit einem * gekennzeichneten Felder sind Pflichtfelder


Besuchen Sie uns

News Bild 829
  • Niedersachsen
  • Teure Imagepflege
09.11.2021

Klimaschutz in Braunschweig: Mit dem Moos ist nix los

Fehlanreize im Fördersystem

Scrollenaccordion-icon

Was ist passiert?

Braunschweig (NI). Mit dem „Förderaufruf für investive Kommunale Klimaschutz-Modellprojekte“ hat sich das Bundesumweltministerium im Dezember 2016 an alle deutschen Kommunen gewandt. Das Ministerium suchte nach innovativen Projekten, die „durch eine direkte, weitreichende Treibhausgasminderung einen beispielhaften Beitrag zu den Klimaschutzzielen der Bundesregierung leisten“. Den Kommunen stellte es für die Umsetzung eine 80-prozentige Förderung in Aussicht.

Eine Steilvorlage für die Stadt Braunschweig, die – wie viele andere Kommunen auch – nach günstigen Möglichkeiten für die Erweiterung des „Stadtgrüns“ suchte. Der eingereichte Förderantrag „Braunschweig – Klimaschutz mit urbanem Grün“ sah die Pflanzung von 650 neuen Stadtbäumen, die Begrünung von Dächern und Fassaden öffentlicher Gebäude (14.575 qm) und die Pflanzung von 15 ha „Energiewald“ vor, schnell wachsende Bäume, die innerhalb kürzester Zeit für die klimaneutrale Energiegewinnung genutzt werden können.

Die Vorhabensumme belief sich auf 1,59 Mio. Euro (zzgl. Planungskosten) und sollte zu einer Treibhausgasminderung –gemessen in Tonnen CO2-Äquivalenten (tCO2eq) – von 384,21 tCO2eq pro Jahr führen. Eine beachtliche Menge – doch würde sie ausreichen, um das Ministerium von einer Förderung zu überzeugen? Immerhin achtet dieses bei der Mittelvergabe eigenen Angaben zufolge auf eine „hohe Treibhausgasminderung im Verhältnis zur Vorhabensumme“, was für die beschriebenen Maßnahmen und einem rechnerischen Preis von circa 4.138 Euro pro tCO2eq fraglich war. Zudem wären diese Begrünungsmaßnahmen wohl nicht besonders „innovativ“ im Sinne des Förderprogramms.

Die Stadt hatte allerdings noch ein Ass im Ärmel: zwei sogenannte CityTrees – freistehende Gitterwände, die auf einer Gesamtfläche von 24 qm mit Moosen bepflanzt sind, denen eine besondere Fähigkeit zur Bindung von Feinstaub- bzw. Rußpartikeln nachgesagt wird. Die Hersteller versprachen, diese Bindungsfähigkeit versetze die beiden Mooswände in die Lage, pro Jahr eine Treibhausgasminderung von insgesamt 480 tCO2eq herbeizuführen – deutlich mehr also als alle übrigen geplanten Maßnahmen zusammen. Berechnungen, die mangels stichhaltiger Belege zwar auch die Fachleute im städtischen Grünausschuss zweifeln ließen, die aber trotzdem in voller Höhe Eingang in den Förderantrag fanden.

Dank der geringen Anschaffungskosten der Mooswände (50.000 Euro) verringerte sich der Preis pro eingesparter Tonne CO2-Äquivalente so auf rechnerisch nur noch 1.895 Euro. Günstig genug, um das Umweltministerium zu überzeugen.

Fast 1,9 Mio. Euro flossen nach Braunschweig. So wurden die Mooswände im April 2019 installiert – eine kleine Ausgabe mit großer Wirkung, denn ohne die „CityTrees“ wäre das Fördergeld aus Berlin wahrscheinlich nicht geflossen. Die Stadt hat sich dann auch gleich für die gehobene Ausstattung der „CityTrees“ mit integrierter Sitzbank entschieden, sodass die Anschaffungskosten mit 92.000 statt der zunächst kolportierten 50.000 Euro zu Buche schlugen.

Doch welchen Klimaschutzbeitrag haben die Mooswände tatsächlich geleistet? Die TU Braunschweig wurde beauftragt, das Feinstaub-Senkungspotenzial der beiden aufgestellten Mooswände zu untersuchen. Die Forscher sollten dazu jedoch keine eigenen Messdaten erheben, sondern die Analyse anhand herstellerseitig erhobener Daten durchführen. Technische Probleme sorgten dabei jedoch für so große Erhebungslücken, dass die Datenerhebung im Februar 2021 vollständig eingestellt wurde.

Eine vorläufige Einschätzung traute sich die Stadtverwaltung dennoch zu. Demnach konnte kein gesicherter Effekt der Braunschweiger Mooswände zur Feinstaubreduktion nachgewiesen werden. Vor diesem Hintergrund seien auch die Kosten für die Wartung der Mooswände (bis Ende 2021 circa 20.500 Euro), beispielsweise im Vergleich zu Bäumen, als hoch einzuordnen.

Foto: Jan Vermöhlen

Alternative Investition

Für 112.500 Euro hätten rund 75 Stadtbäume (inklusive Fertigstellungspflege) gepflanzt werden können.

Der Bund der Steuerzahler meint

Die Braunschweiger Mooswände stehen exemplarisch für die Fehlanreize der deutschen Förderlandschaft. Die hochtrabenden Versprechen der Mooswandhersteller kosteten die Stadt Braunschweig bisher rund 112.500 Euro, bescherten ihr aber zugleich einen wahren Fördergeldregen für die Stadtbegrünung.

Fragen an den Autor

Autor des Artikels

Jan Vermöhlen

Spenden Sie für unsere Arbeit!

Als gemeinnützige Organisation sind wir auf Ihre Mithilfe angewiesen um Steuergeldverschwendungen wie diese aufzudecken. Unterstützen Sie uns mit einer kleinen Spende damit wir weiterhin Steuergeldverschwendung aufdecken können.

Kommentare und Antworten

×

Name ist erforderlich!

Geben Sie einen gültigen Namen ein

Gültige E-Mail ist erforderlich!

Gib eine gültige E-Mail Adresse ein

Kommentar ist erforderlich!

Akzeptieren der Bedingungen ist erforderlich!

bitte bestätigen

* Diese Felder sind erforderlich.

Sei der Erste, der kommentiert