
Fahrradabstellboxen im Kiez
Überteuerte Schaufenster für Fahrraddiebe
Was ist passiert?
Berlin (BE). Mit neuen Fahrradboxen im Kiez rund um den Klausenerplatz ist eines der politischen Ziele des Berliner Mobilitätsgesetzes Wirklichkeit geworden.
Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf teilte dem Bund der Steuerzahler mit, dass 9 Boxen mit insgesamt 50 Plätzen errichtet wurden. Es gebe sie mit 4 und mit 6 Fahrradabstellplätzen.
Die Gesamtkosten seien noch nicht vollständig abgerechnet, lägen aber voraussichtlich bei 130.000 Euro brutto. Größter Kostenpunkt seien die Baukosten. Trotz Ausschreibung sei kein günstigerer Anbieter gefunden worden. Die Fahrradgaragen dienten der Umsetzung des Berliner Mobilitätsgesetzes, heißt es in der Aktenauskunft weiter. Zu dessen Vorgaben zählte u. a. die Schaffung von diebstahlsicheren Abstellmöglichkeiten im öffentlichen Raum.
Erstaunlich sind die Vermietungsregelungen. Nach Bezirksangaben zahlt ihm ein Zwischenpächter 9 Euro – und zwar pro Jahr und für alle 9 Fahrradboxen zusammen. Zur Höhe der Miete für den Endnutzer wurde der Bezirksbaustadtrat in der Presse zitiert: 9 Euro – allerdings pro Stellplatz und Monat!
Dem Pächter bleiben von den jährlichen Mieteinnahmen von insgesamt 5.400 Euro abzüglich der Pacht an das Bezirksamt also gut 100 Euro pro Jahr für die vertraglich vereinbarte Reinigung und Verkehrssicherung für jeden einzelnen der 50 Fahrradstellplätze an einem überdachten Anlehnbügel.
Zur vorgeschriebenen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung teilte das Bezirksamt mit, dass das Vorhaben ein Pilotprojekt sei, weshalb keine Betriebserfahrungen vorgelegen hätten, anhand derer eine Wirtschaftlichkeitsberechnung sinnvoll durchführbar gewesen wäre. Es ließe sich aber ohne Aufstellung einer detaillierten Wirtschaftlichkeitsbetrachtung erkennen, dass nur die Deckung der laufenden Kosten aus den Einnahmen möglich erscheine, ein relevanter Beitrag der Nutzenden zu den Investitionskosten allerdings nicht zu erwarten sei.
Außerdem schlussfolgerte das Bezirksamt, dass die Bürger die Fahrradboxen gegen einen „Beitrag in relevanter Höhe“ nicht nutzen würden und somit die nach dem Mobilitätsgesetz geforderten verkehrspolitischen Ziele – Erleichterung des Radfahrens im Alltag anstelle des Autofahrens und die damit verbundenen Verbesserungen des Lebensumfeldes – nicht erreicht werden würden.
Diesen eigentlich notwendigen Beitrag zu den Investitionskosten beziffert der Bund der Steuerzahler Berlin überschlägig mit monatlich zusätzlich rund 20 Euro pro Mieter, wobei selbst dann auch noch keine Nutzungsgebühr für die Straße enthalten wäre.
Festzuhalten ist, dass die Baukosten von durchschnittlich 14.444 Euro pro Fahrradbox erstaunlich teuer sind. Immerhin: Die Hülle aus Polycarbonat gilt als einigermaßen feuer- und schlagfest und wird daher Fahrraddieben lange einen guten Durchblick auf ihre Beute bieten.
Foto: Steffen Bernitz

Alternative Investition
Für die Investitionskosten hätten alternativ mindestens 400 Fahrradanlehnbügel an U-Bahnstationen aufgestellt werden können.
Der Bund der Steuerzahler meint
Es besteht ein Gerechtigkeitsproblem, wenn eine kleine Minderheit von 50 Fahrradbesitzern im öffentlichen Straßenland exklusive, geschützte Stellplätze belegt, für die das Land den Großteil der Baukosten übernommen hat.
Spenden Sie für unsere Arbeit!
Als gemeinnützige Organisation sind wir auf Ihre Mithilfe angewiesen um Steuergeldverschwendungen wie diese aufzudecken. Unterstützen Sie uns mit einer kleinen Spende damit wir weiterhin Steuergeldverschwendung aufdecken können.
Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
1. Die Fahrradboxen sind komplett ausgebucht und sind vor allem für Personen interessant, welche keine Abstellmöglichkeiten im bzw. am Haus haben und die Räder nicht der Witterung aussetzen möchten. Die Alternativinvestition von 400 Bügeln an einem U-Bahnhof ist somit keine Alternative, da eine völlig andere Zielgruppe angesprochen wird.
2. Was ist das für "Gerechtigkeitsproblem", wenn anstatt eines Autos sechs Fahrräder auf dem glei-chen Platz abgestellt werden können? Ich sehe es eher als "Gerechtigkeitsproblem", dass Autofah-rer (bin selbst einer) exklusiv einen extrem großen Platz im öffentlichen Straßenraum beanspruchen, der natürlich ebenfalls von der Allgemeinheit finanziert wird. Warum die Abstellboxen daher ein "Ge-rechtigkeitsproblem" darstellen sollen, erschließt sich mir nicht.
Haben Sie vielen Dank für Ihren Kommentar! Ich hatte beim Schreiben tatsächlich diesen Einwand auch überlegt und erwartet. Ich bin dennoch der Meinung, dass es nicht Aufgabe des Staates ist, Ihnen eine Unterstellmöglichkeit für Ihr Fahrrad zu bezahlen, weil bei Ihnen der Keller voll ist oder Sie sich das Fahrrad nicht im Wohnungsflur an die Wand hängen wollen. Ich gehe davon aus, dass in den weitaus meisten Mietshäusern zu Wohnungen auch ein Kellerverschlag gehört. So ein Angebot ist aus meiner Sicht ein rein privates Gut, für dessen Kosten man einfach bezahlen muss. Ich selbst mache mir z.B. die Mühe und schleppe mein schweres eBike jeden Morgen aus dem Keller hoch. Die Fahrradbügel an U-Bahnhöfen hingegen sind etwas, was wirklich Mobilität fördern würde, weil es dort teilweise wirklich schlichtweg keine Anschließmöglichkeiten gibt!
Das Argument mit den Autos verfängt schon ein bisschen, aber nicht so ganz, meine ich. Außerdem sollte man nicht die eine nicht zufriedenstellende Situation als Begründung für einen anderen Unfug nehmen.
Und die Allgemeinheit finanziert ja auch keine individuelle Autogarage, die freigehalten wird, auch wenn das Auto weg ist. Die Fahrradboxen stehen aber leer, wenn die Leute für 10 Stunden ins Büro gehen.
Und wenn der 51. Radfahrer auch einen Stellplatz möchte, hat der das zwar mitfinanziert, selbst aber das Nachsehen. Ich halte das für ungerecht.
Viele Grüße
Alexander Kraus
Vorsitzender Bund der Steuerzahler Berlin e.V.