Ein Zuchthotel für Feldhamster
Fast 20.000 Euro Steuergeld pro Hamster
Was ist passiert?
Sangerhausen (ST). Eigentlich ging es um die Erweiterung eines Gewerbegebietes. Die dauerhafte vollständige Nutzung des Gewerbegebietes konnte zwar bisher nicht erreicht werden. Doch jetzt soll wenigstens beim Bau einer Hamsterzuchtstation rangeklotzt werden.
Im Zusammenhang mit der Erweiterung des Gewerbegebietes „An der Wasserschluft“ muss sich die Stadt Sangerhausen schon seit Jahren mit der streng geschützten Art des Feldhamsters beschäftigen. Das Gewerbegebiet von ca. 10 ha soll von Feldhamstern besiedelt gewesen sein. Beim Nachstellen und Einfangen wurde allerdings kaum ein Exemplar entdeckt – vielleicht deshalb, weil in unmittelbarer Nähe die BAB 38 gebaut worden war.
Im Dezember 2015 hatte die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Mansfeld-Südharz einen Bescheid zu den Feldhamstern erlassen, dessen Konzept nun umgesetzt werden soll. Eine Hamsterzuchtstation soll, bei gesicherter Finanzierung, 2021 bis 2022 gebaut werden und nach derzeitigem Stand ca. 833.000 Euro kosten. Das Land beteiligt sich mit rund 700.000 Euro für den Artenschutz aus Fördermitteln der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“. Nach Fertigstellung der Station sollen dort mindestens 10 Jahre lang Hamster gezüchtet und auf Ausgleichsflächen ausgesetzt werden. Gemäß Feldhamsterkonzept und Auflage des Landkreises sind über diese Laufzeit jährlich so viele Feldhamster auszusetzen, dass eine Dichte von vier Tieren je ha auf jeder der drei Hamsterschonflächen gewährleistet ist. Wird nach Ablauf von 10 Jahren die Zieldichte nicht erreicht, müssen Zucht- und Auswilderung über den Zeitraum hinaus fortgesetzt werden. Die drei Hamsterschonflächen mit jeweils 10 ha sind entsprechend dem Feldhamsterkonzept sogar grundbuchrechtlich zu sichern.
Rechnet man nun die angestrebte Zieldichte von 4 Hamstern je ha für alle 3 Ausgleichsflächen von je 10 ha hoch, ergibt dies insgesamt 120 Feldhamster. Bei allen Kosten für die Hamsterzuchtstation und die mindestens 10-jährige Bewirtschaftung von insgesamt ca. 2,3 Mio. Euro bedeutet dies pro „Ziel-Hamster“ einen Aufwand von fast 20.000 Euro.
Die neue Hamsterzuchtstation soll dem bereits vorhandenen Tierheim in Sangerhausen angeschlossen werden. Zusätzlich zum Personal des Tierheims bedarf es eines wissenschaftlichen Mitarbeiters, der sich speziell mit den Anforderungen bezogen auf die Paarung von Hamstern beschäftigt. Die Stadt kalkuliert dafür zusätzlich mit jährlichen Personalkosten von maximal 125.000 Euro. Weitere 40.000 Euro pro Jahr fallen für die hamsterfreundliche Bewirtschaftung von Ausgleichsflächen an. Dort soll wahrscheinlich ein Drei-Gänge-Menü für die Hamster gesichert werden, denn Monokulturen können auf Dauer für die Tiere problematisch sein.
Die strengen Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes verursachen aber nicht nur in finanzieller Hinsicht einen gewaltigen Aufwand: Vierteljährliche Berichte an die Untere Naturschutzbehörde, Dokumentationen, Erfolgskontrollen und Monitoring bewirken bei den beteiligten Behörden erhebliche Arbeits- und demzufolge Personalbelastungen.
Aus Sicht der Steuerzahler ist dieser gewaltige Aufwand für die Neuzucht einer Feldhamster-Population nicht nachvollziehbar. Denn wegen des Bundesnaturschutzgesetzes und der strengen Beobachtung des BUND soll nun der Steuerzahler für alle Fehler beim Artenschutz herhalten. So wurde – durch die Versiegelung von Agrarflächen für Straßenbau, Gewerbegebiete oder auch punktuell für Windenergieanlagen – der Lebensraum des Hamsters immer weiter eingeschränkt oder sogar zerstört. Jetzt ist der Hamster vom Aussterben bedroht.
Für die Stadt Sangerhausen erhöhen die jährlichen Betriebskosten den bereits vorhandenen Konsolidierungsdruck erheblich. Wohl auch deshalb hat sich eine Mehrheit im Stadtrat von Sangerhausen im September 2020 doch noch entschlossen, gegen den Bau der Hamsterzuchtstation vorzugehen. Es bleibt zu hoffen, dass die Stadt als Bittsteller Erfolg hat und die rechtskräftig bestehenden Auflagen des Landkreises aus dem Jahr 2015 rückgängig gemacht werden können.
Foto: Bund der Steuerzahler Sachsen-Anhalt e.V.
Der Bund der Steuerzahler meint
Maßnahmen zum Artenschutz kosten Geld. Feldhamster brauchen einen Lebensraum mit der entsprechenden Bodenqualität, gleichzeitig werden mit Gewerbeflächen oder Infrastruktur Arbeitsplätze geschaffen oder gesichert. Eine Hamsterzuchtstation mit erheblichen Kosten über 10 Jahre hinweg sind aus Steuerzahlersicht jedoch außergewöhnlich und völlig überzogen. Hier bedarf es sinnvollerer Konzepte.
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