
Ein irrwitziges Verkehrsprojekt
Verkehrsversuch verursacht Kosten und Chaos
Was ist passiert?
Dresden (SN). Seit 1893 verbindet Dresdens bekannteste Elbbrücke, das „Blaue Wunder“ (offiziell Loschwitzer Brücke), die Stadtteile Loschwitz und Blasewitz. Im Berufsverkehr bilden sich große Staus – für Radfahrer ist die Nutzung der Fußwege nicht erlaubt.
Ein Experiment sah nun vor, mit einer Fahrradspur pro Fahrtrichtung die Nutzung für Radfahrer sicherer zu gestalten. Von drei breiten Fahrspuren, die über die Brücke führen, wurde deshalb die Fläche für die Radwege abgeteilt. In dem ohnehin staubelasteten Straßenraum sorgte der durch das Experiment bedingte Wegfall einer Autospur nur für Chaos und Störungen. Besonders in Stoßzeiten standen Berufspendler, ÖPNV, Rettungsdienste, mobile Pflegedienste, Handwerker und der Dienstleistungsverkehr zeitweise bis zu 50 Minuten im Stau.
Indem viele Autofahrer versuchten, den Stau zu umfahren, verstopften sie zwangsläufig anliegende Straßen. Selbst die kleinste Nebenstraße am Elbhang wurde zur Umfahrung genutzt. Die Anwohner waren von einer hohen Lärm- und Abgasbelastung betroffen.
Zwar nutzten mehr Radfahrer die Überquerung aufgrund des Radwegs, doch wegen seiner speziellen Führung war eine größere Sicherheit für die Radfahrer gar nicht gegeben, stattdessen eine sehr hohe Aufmerksamkeit gefordert. Denn von der Brücke Richtung Schillerplatz führte eine rotgefärbte separate Fahrradspur geradeaus über die Kreuzung. Der Schwenk vom seitlichen Radweg auf der Brücke in die Geradeausspur barg ein erhebliches Risiko.
Für die Zeit vom 8.4. bis zum 16.6.2024 war das Experiment geplant. Doch nach ca. drei Wochen war das Projekt schon wieder Geschichte. Dresdens Oberbürgermeister sprach von einem „Versuch, der aber in der Realität nicht die Wirkung zeigt“. Ende April war also Schluss.
Die Bilanz: Trotz „umfangreiche[r]“ Verkehrserhebungen und Analysen zuvor, wie die Stadt uns auf Nachfrage mitteilte, trotz vier vertraglich gebundener Planungsbüros durch das Amt für Stadtplanung und Mobilität für „verschiedene“ Gutachten sowie trotz zwei vom Straßen- und Tiefbauamt beauftragter Ingenieurbüros und zwei weiterer Baufirmen, floppte das Experiment. Wie hoch waren nun die Gesamtkosten nach Abbruch des Projekts einschließlich Herstellung des ursprünglichen Zustands?, wollten wir wissen. Insgesamt sind es satte 181.814,60 Euro!
Foto: patron 74
Der Bund der Steuerzahler meint
Bei genauer Vorprüfung des Projekts wäre ein derartiges Experiment entbehrlich gewesen. Selbstredend sind Verkehrsversuche ein bewährtes Instrument, um Erkenntnisse zu gewinnen. Doch dafür müssen alle Karten auf den Tisch – samt der Fragen: Wie ist die Ausgangslage? Ist das gewünschte Ziel aufgrund der örtlichen Gegebenheiten überhaupt erreichbar? Welche Vor- und Nachteile könnten sich für die verschiedenen Verkehrsteilnehmer und den Verkehrsfluss ergeben? Rechtfertigt ein solches Projekt den Kostenaufwand? War dieser Versuch mit Blick auf die Kassenlage der Stadt Dresden also angemessen?
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Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
Mich würde einmal interessieren, wie der Autor auf die Kosten von fast 200.000 € gekommen ist. Die Stadt selbst hat für den Versuch Kosten von 70.000 € angegeben.
Sehr geehrte Damen und Herren,
leider war der Radweg auf dem "Blauen Wunder" nur die Spitze des Eisberges. Inzwischen gibt es drei Meter breite Radwege auf Bundesstraßen- die kaum genutzt werden, aber den ÖPNV und den Individualverkehr zusammen im Stau stehen lassen. Zahlreiche Baustellen, welche zum Teil nicht betrieben werden, eine eingestürtzte Brücke (deren Marodität seit 2021 den Verantwortlichen bekannt war) und keine neue Programmierung der Stadtampeln verschärfen die Situation - die Stadt Dresden malt weiter Radwege auf der B6 - dafür scheint trotz Haushaltssperre Geld da zu sein. Für die eingestürtzte Brücke wird ein Zeitraum von mehreren Jahren Bauzeit und schon jetzt Kosten von 100 Millionen Euro aus der Stadt mitgeteilt. Der Verkehrsbürgermeister bettelt beim Bund.
Das ist vorallem deswegen primär, da die Stadt Dresden die eigene Wohnungsbaugesellschaft WoBa für einige Mrd. verkaufte und schuldenfrei in die Zukunft schauen konnte. Jetzt ist alles alle.
Ich bedanke much für Ihre Arbeit und unterstütze gern!
Herzluche Grüße
Anne Weiß
Die Fußwege sind breit genug um auch dort eine Fahrradspur einzurichten, evtl. mit Geschwindigkeitsbeschränkung. Für ältere Radfahrer ist das Verbot auf Gehwegen zu fahren sowieso eine Aufforderung zum Selbstmord! Das sollte grundsätzlich überdacht und geändert werden.