
Ein Bächlein soll ans Licht
Vervielfachung der Kosten kein Grund zum Umdenken
Was ist passiert?
Kronberg im Taunus (HE). Um den ökologischen Zustand der Gewässer in Deutschland zu verbessern und die europäische Wasserrahmenrichtlinie umzusetzen, werden vielerorts bisher unterirdisch in Rohren verlaufende Bachläufe wieder offengelegt. Außerdem soll so die ökologische Durchgängigkeit hergestellt werden, indem Hindernisse z. B. für Fische und Kleinlebewesen beseitigt werden.
Im Taunusstädtchen Kronberg wird dies im Zuge der Bebauung des Bahnhofsquartiers umgesetzt. Dort verlief der Winkelbach bis dahin in einem unterirdischen Rohr. Die Offenlegung des Bachs auf einer Länge von ca. 400 m war eine Auflage des RP Darmstadt als Obere Wasserbehörde, damit die Bebauung des Viertels genehmigt wurde. In der Beschlussvorlage aus dem Jahr 2015 wurden für die Offenlegung Kosten in Höhe von 75.000 Euro angegeben. Ein Akteneinsichtsausschuss kam jedoch inzwischen zu dem Ergebnis, dass diese Summe völlig unrealistisch gewesen war und nach Aussage des jetzt zuständigen Stadtrats nie hätte genannt werden dürfen. Unklar blieb jedoch, wie dies geschehen konnte und warum die Verwaltungsspitze den Betrag im Zuge der Beratungen 2015 nicht korrigiert hat.
Dass dieser Wert nicht auf einer seriösen Kostenschätzung basierte, zeigte sich schon kurze Zeit später: Bereits in den Jahren 2016 und 2017 sah eine erste detaillierte Kostenaufstellung für die Offenlegung mit mehr als 613.000 Euro schon mehr als eine Verachtfachung des ursprünglich genannten Betrags vor.
Doch damit nicht genug: Im Sommer 2021 legte der Bürgermeister dem Stadtparlament neue Zahlen zur Beschlussfassung vor. Darin vorgesehen: 1.897.211 Euro allein für einen ersten Bauabschnitt. Die Kosten eines zweiten Abschnitts waren da noch nicht enthalten und werden sich – Stand Sommer 2022 – auf weitere 650.000 Euro belaufen. Damit würden sich die Kosten für die Offenlegung auf mehr als das 33-fache der 2015 genannten finanziellen Auswirkungen erhöhen.
Begründet werden kann dieser Anstieg natürlich nicht allein mit allgemeinen Kostensteigerungen. Vielmehr seien laut Stadt die „hohen technischen Anforderungen an das Offenlegungsbauwerk“ ebenso wenig ausreichend berücksichtigt worden wie „Baunebenkosten, Kosten für Unvorhergesehenes und Kosten für weitere Gewerke“.
Trotz einer möglichen Förderquote von 95 Prozent der anrechenbaren Kosten (prognostiziert sind 70 Prozent der Gesamtkosten) taten sich die städtischen Gremien 2020/2021 mit der Zustimmung verständlicherweise schwer. Das Regierungspräsidium erinnerte die Stadt jedoch daran, dass sie zur Offenlegung des Winkelbachs verpflichtet sei. Ein öffentliches Interesse, welches die Offenlegung abwenden würde, sei nicht gegeben.
Fiskalische Gründe wie die enormen Kostensteigerungen und Gesamtkosten würden ein solches öffentliches Interesse nicht begründen und seien auch keine Belange des Gemeinwohls, die der Offenlegung entgegenstehen. Sollte die Stadt Kronberg den Winkelbach nicht offenlegen, müsste das Regierungspräsidium die Plangenehmigung aufheben und gegebenenfalls die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands anordnen. Dies würde bedeuten, dass den auf Grundlage des Bebauungsplans errichteten oder im Bau befindlichen Gebäuden die baurechtliche Grundlage entzogen werden würde. Ein Desaster für die Stadtentwicklung!
So bleibt die Frage, ob den Steuerzahlern eine Verbesserung des ökologischen Zustands nicht rund 2,5 Mio. Euro wert sein sollte? Es bleiben Zweifel, denn der ökologische Mehrwert des „Offenlegungs-Bauwerks“ dürfte ziemlich überschaubar sein: So soll der offengelegte Winkelbach zum großen Teil in einer 40 cm breiten, geraden Betonrinne zwischen Straße und Bürgersteig verlaufen, für Zufahrten muss das Rinnsal an mehreren Stellen überdeckt werden. Von wilder Fluss-Romantik keine Spur. Immerhin soll der Bach zum Teil mit Steinen und Uferpflanzen versehen werden.
Foto: BdSt Hessen
Der Bund der Steuerzahler fordert
Auch bei Umweltschutzmaßnahmen muss die Verhältnismäßigkeit der eingesetzten Mittel gelten. Fiskalische Gründe müssen bei der Abwägung des öffentlichen Interesses und des Gemeinwohls berücksichtigt werden. Im vorliegenden Fall hätte es möglich sein müssen, nicht stur an der Offenlegung festzuhalten, sondern die Mittel für sinnvollere Projekte zur Verbesserung des ökologischen Zustands einzusetzen.
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