
Eigentor im Spaßbad
Steilvorlage für Rückübertragung des Sport- und Erholungszentrums (SEZ)
Was ist passiert?
Berlin. Der Berliner Senat hatte 2003 den Verkauf des damals leerstehenden Sport- und Erholungszentrums (SEZ) für einen symbolischen Euro beschlossen. In einer Pressemitteilung des Senats zum Verkauf des fast 50.000 qm großen Areals hieß es damals, er habe „die Vergabe des SEZ an eine feste Zusage des Investors für eine Wiedereröffnung des Schwimmbereiches geknüpft“. Innerhalb eines vertraglich abgestimmten Zeitraums von maximal 5 Jahren werde „die Schwimmhalle zu einem modernen, familienfreundlichen Spaßbad umgebaut“. Gegenüber dem Abgeordnetenhaus erklärte der Senat später, dass die Wiederaufnahme des Badebetriebs vertraglich vereinbart sei und sich der Eigentümer des SEZ verpflichtet habe, u. a. ein Hallenbad anzubieten. Falls der Käufer gegen bestimmte kaufvertraglich vereinbarte Verpflichtungen verstoße, könne das Land Berlin den Wiederkauf des Grundstücks ausüben.
Im Jahr 2010 räumte der Senat dann zwar ein, dass im SEZ weder ein Hallenbad im baurechtlichen Sinne betrieben wird noch eine Betriebsgenehmigung dafür vorliegt. Trotzdem vertrat er weiterhin die Ansicht, dass der Käufer seine vertraglichen Verpflichtungen erfüllt habe und eine Rückübertragung an das Land Berlin daher nicht angezeigt sei.
Der Bund der Steuerzahler ließ jahrelang mit seiner Kritik nicht locker, stellte eine Strafanzeige, verklagte den Finanzsenator auf Aktenauskunft und wurde schließlich 2015 vom Investor auf Unterlassung der Behauptung verklagt, es gebe im Zusammenhang mit dem Kauf eine Bedingung, wonach er das SEZ „in ein modernes, familienfreundliches Spaßbad“ umzubauen habe.
Das Berliner Landgericht wies die Klage ab, denn es sei unstreitig als Bedingung vereinbart gewesen, dass der Käufer wieder einen Hallenbadbetrieb aufnehme. Es mache keinen relevanten Unterschied, ob es sich bei der nicht erfüllten Bedingung um den Betrieb eines Spaß- oder Hallenbadbetriebes handle. Mit Hallenbadbetrieb könne auch ein Spaßbad gemeint sein. Im Dezember 2016 wies auch die zweite Instanz die Berufungsklage des Investors ab.
Für den Investor erwies sich die Unterlassungsklage gegen den BdSt als Eigentor, denn der Senat nahm die Urteilsbegründung im Jahr 2016 zum Anlass, die vertraglichen Verpflichtungen nochmals zu prüfen. Die Finanzstaatssekretärin verkündete daraufhin Anfang 2017 in einem Fernsehinterview, dass das Land früher eine andere Position vertreten habe, die sich als falsch herausgestellt habe und dass der Investor „Zusagen übernommen hat, die er anschließend nicht erfüllt hat“.
In einem jahrelangen Rechtsstreit mit dem Investor um die Rückabwicklung des SEZ-Verkaufs entschied im Sommer 2022 das Kammergericht Berlin zugunsten des Landes Berlin. Der Investor muss das SEZ an den Senat zurückverkaufen: lastenfrei und für einen Euro.
Foto: Alexander Kraus
Der Bund der Steuerzahler meint
Zehn Jahre nach der ersten Kritik des BdSt an dem SEZ-Verkauf zeigt die aktuelle Gerichtsentscheidung, dass sich eine saubere Recherche und ein langer Atem auf lange Sicht auszahlen. Berlin erhält nun ein Grundstück für den Wohnungsbau zurück.
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