
Debatte zerstört zukunftsweisendes Projekt
Hamburg hat die Chance auf Start-up-Förderung vertan
Was ist passiert?
Hamburg. Die Stadt Hamburg hatte Mitte 2021 den Auftrag zum Aufbau eines sogenannten Fintech-Accelerators zur Stärkung innovativer Finanzfirmen ohne Ausschreibung an ein Unternehmen aus der Stadt vergeben. Damit sollen Start-ups unterstützt werden.
Pikant: Geführt wird das Unternehmen von einem Mann, der nicht nur Mitglied in der gleichen Partei des Finanzsenators, sondern diesem auch bestens bekannt ist. Der Senator wies die Kritik am vermeintlichen Politik-Filz anfangs zurück. Begründung: Es sollten Corona-Mittel für das Projekt genutzt werden, die dem Finanzsenator zufolge nur kurzfristig zur Verfügung standen. Insofern sei Eile geboten gewesen und deshalb auf eine Ausschreibung verzichtet worden.
Insgesamt ging es um 18 Mio. Euro. Zusätzlich zu den 9 Mio. Euro Steuergeld sollten weitere 9 Mio. Euro aus der Wirtschaft eingeworben werden. Davon sollten 1,3 Mio. Euro als Honorar an das Hamburger Unternehmen fließen.
Tatsächlich soll das Unternehmen bereits seit Sommer 2020 an dem Projekt gearbeitet haben – ohne Auftrag, Vertrag oder Ausschreibung. Erst ein Jahr später – im Juli 2021 – teilte die Finanzbehörde in einer „Ex-ante-Bekanntmachung“ mit, dass man das Projekt ohne Ausschreibung vergeben wolle. Diesen Fall hatten die EU-Kommission und der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags genauer unter die Lupe genommen und angezweifelt.
Die EU kritisierte die Direktvergabe sogar massiv. „In dem dargelegten Fall ist nicht ersichtlich, weshalb es nur einen bestimmten Anbieter geben könne, der die gewünschte Leistung erbringen kann“, hieß es aus Brüssel.
Nach massiver Kritik an der Vergabe und Filz-Vorwürfen stoppte der Finanzsenator das Projekt im Januar 2022 dann doch. Als Begründung gab er an, dass die Suche nach privaten Co-Investoren durch die Debatte um das Vergabeverfahren erheblich erschwert worden sei.
Noch ist nicht klar, in welcher Höhe das Unternehmen eine Schadensersatzforderung an die Stadt Hamburg stellt. Spekuliert wird mit einer sechsstelligen Summe. Stand August 2022 sind im Zusammenhang mit dem geplanten Fintech-Accelerator Rechtsberatungskosten in Höhe von rund 224.000 Euro angefallen, teilte die Finanzbehörde mit.
„Die Beteiligten haben einvernehmlich ein Schiedsverfahren eingeleitet. Darüber hinaus nimmt der Senat zur Wahrung seiner Verhandlungsposition zu Einzelheiten nicht Stellung“, hieß es seitens der Finanzbehörde auf Anfrage.
Foto: Sascha Mummenhoff
Der Bund der Steuerzahler meint
Der Fall zeigt, dass überstürztes Handeln zu fatalen Fehlentscheidungen führen kann. Der finanzielle Verlust der Stadt Hamburg ist noch nicht absehbar, doch der Imageschaden ist bereits beträchtlich. Hamburg hat sein Ziel verfehlt, innovative Unternehmen aus der Finanzbranche an die Elbe zu locken.
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