
Das IKAREUM: Prunkbau statt Infrastruktur?
Das Leuchtturmprojekt IKAREUM in Anklam ist ein teurer Spaß
Was ist passiert?
Anklam (MV). Die Hansestadt Anklam im Nordosten Deutschlands ist „das Tor zur Sonneninsel Usedom“. Von dort sind es bis in die polnische Metropole Szczecin anderthalb, bis nach Berlin zwei Stunden mit dem Auto. 12.500 Menschen leben in Anklam. Bisher wurden mehr als 80 Mio. Euro aus der Städtebauförderung in den Stadtumbau investiert.
Die Stadt ist der Geburtsort des Flugpioniers Otto Lilienthal. Man ist stolz auf den berühmtesten Sohn der Stadt. Lilienthal wurde in der Nikolaikirche getauft, und deshalb soll ihm hier − geht es nach dem Willen der Stadtplaner, des Bürgermeisters und der Landespolitik − mit dem „IKAREUM – Lilienthal Flight Museum“ ein Denkmal gesetzt werden. Auch das renommierte Otto-Lilienthal-Museum, bislang in einem anderen Stadtteil gelegen, und eine Touristeninformation sollen hier einziehen.
Der Umbau der Nikolaikirche zu Ehren Lilienthals wird pompös: Geplant ist ein futuristisch anmutender Kirchturm mit gläsernem Aufzug. Das ziegelgedeckte Kirchendach soll einer Glas-Stahl-Konstruktion weichen. Auf der Turmempore in 80 m Höhe sollen sich Besucher mit ausgebreiteten Armen auf eine leicht angeschrägte Glasfläche legen können und eine „Flug-Perspektive“ einnehmen. In der Konzeption heißt es, dass sich das Projekt als „Must-See-Freizeitattraktion und Touristenmagnet ersten Ranges für Mecklenburg-Vorpommern mit dem Potenzial, in nationale und internationale Märkte auszustrahlen“, versteht.
25 Mio. Euro soll das die Steuerzahler kosten, nach alten Berechnungen. Prüfer halten die Besucherzahl von 62.000 für einen wirtschaftlichen Betrieb zwar für möglich, aber nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen, wie beispielsweise einem sehr gut ausgestatteten Marketingetat sowie der Einhaltung der veranschlagten Kosten und eines sehr engen Zeitplans – der unterdessen schon abgelaufen ist.
Neben der Frage, ob neben Ozeaneum, Müritzeum und Phantechnikum eine weitere touristische Großattraktion – und Anklam ist bei aller Nähe nicht Usedom – wirklich notwendig ist, ist der Anklamer Eigenanteil von knapp 8 Mio. Euro problematisch: Der Haushalt ist defizitär. Es besteht ein großer Investitionsstau. Einen Teil konnte die Stadt durch Grundstücksverkäufe erwirtschaftet werden. Für den noch offenen Rest wird immer wieder umgeschichtet bzw. Klinken putzen gegangen.
Zwischenzeitlich drohte das Projekt bereits an den Planungskosten zu scheitern, bis das Land einsprang – was als ein politisches Bekenntnis zu diesem Großprojekt zu werten ist. Vom Bund jedoch gab es für beantragte Fördermillionen immer wieder Absagen. Zuletzt im Sommer 2022, als die Stadt Anklam mit dem Ikareum bei der Auswahl zur Projektförderung im Rahmen des Programms „Nationaler Städtebau“ zum wiederholten Male scheiterte. Dabei ging es um die Finanzierung der gigantischen Turmspitze, die allein rund 16 Mio. Euro verschlingen soll.
Im Herbst folgte die nächste Hiobsbotschaft, die auch eine erwartbare war: Schon der erste Bauabschnitt wird 1 Mio. Euro mehr kosten als geplant. Hier springt das Land nun mit einer kräftigen Finanzspritze aus dem ebenfalls in der Kritik stehenden Vorpommernfonds ein. Letztlich scheint es so, als würde dieses Prestigeprojekt umgesetzt. Koste es, was es wolle.
Foto: Diana Veronika Behr
Der Bund der Steuerzahler kritisiert
Ob es eine weitere hochgeförderte touristische Attraktion braucht, darf bezweifelt werden. Langfristige Infrastrukturprojekte, wie zuletzt der „Industriepark Berlin-Szczecin“, sind der bessere Weg für die Region. Das Projekt muss auf den Prüfstand und auf ein erträgliches Maß reduziert werden. Sowohl ein neuer Standort für das Otto-Lilienthal-Museum als auch für die Touristinformation sind notwendig und völlig legitime Ziele.
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