
Breckenheimer Weinstand-Toilette ist ein Griff ins Klo
Wiesbaden baut WC für 130.000 Euro auf Dorfplatz – trotz vorhandener Alternativen
Was ist passiert?
Wiesbaden (HE). Im dörflich geprägten Wiesbadener Stadtteil Breckenheim wurde ab 2007 unter großem – auch finanziellem –Engagement der Bürgerschaft ein zuvor als Parkplatz genutzter Bereich zu einem Dorfplatz und Treffpunkt umgebaut. Dort finden sich nun mehrere Bänke, Schirme und Grünanlagen sowie ein Springbrunnen. Das Ziel war, den Platz so zu gestalten, dass er „wieder zur Kommunikation einlädt, dass man feiern kann, einen Markt abhalten und Veranstaltungen durchführen kann“.
Das ist bis zum Ausbruch der Coronapandemie offenbar auch gelungen: Neben jährlichen Festen oder dem Adventsmarkt etablierte sich ab 2008 – als wichtigste regelmäßige Veranstaltung – ein ungefähr alle 14 Tage geöffneter Weinstand, den örtliche Vereine abwechselnd betreiben. Dort kommen Breckenheimer und Gäste freitagabends bei regionalen Weinen zusammen.
Für 2020 waren bis zur Aussetzung wegen der Coronapandemie eigentlich 24 Termine zwischen Ende Februar und Ende November einschließlich Dorfplatzfest und Adventsmarkt geplant.
Doch wer Wein trinkt, muss ihn irgendwann auch wieder loswerden. Dafür stehen Toiletten in der nahe gelegenen Ortsverwaltung zur Verfügung, deren Ausstattung und Reinigung an den Stand-Terminen jeweils von den veranstaltenden Vereinen übernommen wird.
Darüber hinaus gibt es am Dorfplatz eine Gaststätte, zudem dürften es die allermeisten der 3.332 Breckenheimer ohnehin nicht weit nach Hause haben.
Weil der Weinstand an die Wasserversorgung angeschlossen werden sollte, kam die Idee auf, dann auch eine eigene Toilettenanlage auf dem Dorfplatz zu errichten. Der Ortsbeirat beantragte daher beim Magistrat der Landeshauptstadt Wiesbaden neben dem Frisch- und Abwasseranschluss des Weinstands eine „Einraum-WC-Anlage […] mit hinterlüfteter Holzfassade aus wasserfesten Multiplexplatten und Barrierefreiheit“ nebst „Babywickeltisch“, „jährliche[r] Wartung“ sowie „Störungsbeseitigung durch den Hersteller“.
Für diese Installation muss allerdings erst Platz geschaffen werden. Die WC-Anlage soll hinter dem bisherigen Weinstand errichtet werden, der dafür nach vorn rücken soll. Um mehr Raum auf dem Dorfplatz zu bekommen, soll dafür ein Springbrunnen entfernt werden. Im Wiesbadener Haushaltsplan 2020/21 wurden daraufhin 130.000 Euro für das WC eingestellt.
Insgesamt soll das Projekt laut Medienberichten wohl mehr als 170.000 Euro kosten. Der Differenzbetrag soll unter anderem auch aus Mitteln des Ortsbeirats sowie dem Restvermögen des aufgelösten Heimatvereins aufgebracht werden. Die jährlichen Betriebskosten belaufen sich laut Stadt auf rund 7.000 Euro. Die Arbeiten sollen von Herbst 2021 bis zum Frühjahr 2022 dauern. Nach Bekanntwerden der Pläne kam Protest im Stadtteil auf, weil etliche Einwohner die Toilette als Steuergeldverschwendung ansahen.
Dass für das WC-Häuschen der erst 2007 errichtete Springbrunnen weichen soll, stieß ebenfalls auf Unverständnis. Schließlich war der Brunnen nicht nur aus öffentlichen Mitteln, sondern auch mit Spenden gebaut worden. Eine Bürgerinitiative machte mobil und zahlreiche Bürger protestierten vor dem Ortsbeirat.
Laut Breckenheimer Ortsvorsteher „wird die Toilette an mindestens 130 Tagen im Jahr einer Nutzung zugeführt“. Vor diesem Hintergrund kann man die Frage stellen, ob dafür eine eigene Toilette auf dem ohnehin schon engen Platz errichtet werden muss, wenn doch praktikable Alternativen zur Verfügung stehen.
Selbst wenn man die rund 200 m Fußweg zur Ortsverwaltung für unzumutbar hält, wäre beispielsweise eine temporäre Baustellentoilette auf dem Platz wohl deutlich günstiger gewesen. Am Ende wird es wohl nicht nur bei der finanziellen Belastung in sechsstelliger Höhe für die Steuerzahler bleiben, sondern auch der Zusammenhalt wird verloren gehen.
Foto: Eva Richter

Der Bund der Steuerzahler meint
Für den Gang zur Toilette ist den Breckenheimern sicherlich ein Fußweg von rund 200 m zuzumuten – auf vielen größeren Festen ist das nächste WC deutlich weiter entfernt. Angesichts bestehender Alternativen ein Toilettenhäuschen für einen sechsstelligen Betrag zu bauen und dies für lediglich ein Drittel des Jahres, ist unverhältnismäßig und sorgt für Risse im Wir-Gefühl der Breckenheimer.
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Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
und ich dachte mal der Bund der Steuerzahler würde besser und seriöser recherchieren und berichten.
Schade eigentlich dass Ihr Euch von wenigen verbitterten Bürger*Innen instrumentalisieren lasst um die Breckenheimer*Innen zu spalten.
Richtig ist, der Dorfplatz ist ein beliebter Treffpunkt.
Falsch ist jedoch, das der Weinstand an die Wasserversorgung angeschlossen werden sollte.
Ebenso falsch ist, das die Toilettenanlage als Idee auf Grund eine nötigen Anschlusses des Weinstandes an die Wasserversorgung, entstehen soll.
Es waren Breckenheimer Bürger*Innen welche wiederholt eine Toilettenanlage auf dem Dorfplatz gefordert haben, unter anderen weil die 200m entfernte Toilette in der Ortsverwaltung, ebenso wie die Toilette in der nahen Gaststätte, nicht barrierefrei sind.
Nachdem es zum Beschluss für die Toilettenanlage kam, kam die Idee auf, mit der Toilettenanlage die längst überfällige Anbindung des Weinstandes an die Wasserversorgung herzustellen.
Ich würde mich daher freuen wenn der BdSt hier noch einmal besser recherchiert und sich bei den Breckenheimer Bürger*Innen für das Negativbild , für welches Ihr gesorgt habt, ausdrücklich entschuldigt.
Sehr geehrte Frau Kempte,
vielen Dank für Ihren Kommentar.
Schade, dass Sie unsere Arbeit als unseriös einschätzen. Wir vom Bund der Steuerzahler arbeiten unabhängig und lassen uns weder von Parteien, Firmen oder Bürgerinnen und Bürger beeinflussen. Bevor wir einen Fall ins Schwarzbuch bringen, recherchieren wir gründlich.
So auch im Fall der Breckenheimer Toilette. Wir haben bei der Ortsverwaltung und bei der Stadt Wiesbaden nachgefragt und nach Erhalt der Antworten den Fall, wie im Schwarzbuch beschrieben, eingestuft. Natürlich gibt es zu vielen Schwarzbuch-Fällen auch unterschiedliche Meinungen. Wir respektieren Ihre Meinung, dass Sie die Toilette als sinnvoll empfinden. Aber aus Sicht des Bundes der Steuerzahler ist die Toilette überflüssig und zu teuer. Vielleicht wäre das Geld besser angelegt, um die Breckenheimer Ortsverwaltung und die dortigen Toiletten barrierefrei zu machen. Darüber hinaus gibt es Breckenheimer Bürgerinnen und Bürger, welche die geplante öffentliche Toilette ebenso als Steuergeldverschwendung empfinden.
Mit freundlichen Grüßen
Eva Kugler