
Beschäftigungslos im Dauer-Homeoffice
Die VG Betzdorf-Gebhardshain lässt einen Beamten fünf Jahre lang beschäftigungslos im Dauer-Homeoffice. Schaden: rd. 600.000 Euro
Was ist passiert?
VG Betzdorf-Gebhardshain (RP). Es klingt absurd, ist aber tatsächlich passiert: Die Verbandsgemeinde Betzdorf-Gebhardshain ließ einen Beamten fünf Jahre lang im Dauer-Homeoffice, gab ihm aber schlichtweg keine Aufgaben. Bezahlt wurde der beschäftigungslose Beamte dennoch. So entstand der Verbandsgemeinde ein finanzieller Schaden von rd. 600.000 Euro, der neben der Besoldung auch Beihilfen und Anwartschaften für die Pension enthält. Doch wie konnte es dazu kommen?
Anfang 2017 fusionierten die vorher selbstständigen Verbandsgemeinden Betzdorf und Gebhardshain. Im Rahmen der organisatorischen Zusammenführung der Verwaltungen wurde die Stabsstelle „Projektkoordination“ geschaffen und mit dem früheren Bauamtsleiter der Verbandsgemeinde Betzdorf besetzt. Der Beamte hielt sich zunächst noch für ungefähr ein halbes Jahr im Rathaus auf, ohne dass ihm eine Arbeit zugeteilt wurde. Dann wurde für ihn eine besondere Homeoffice-Regelung geschaffen. Vom 1.7.2017 an konnte er zu Hause Däumchen drehen, denn neue Aufgaben für ihn gab es vom Rathaus weiterhin keine – und zwar rd. fünf Jahre lang, bis zum 31.7.2022.
Öffentlich aufgeflogen ist diese Farce erst 2023. Die Kommunalaufsicht hatte gegen den Bürgermeister mit einer ausgiebigen Prüfung und die Staatsanwaltschaft Koblenz mit einer Ermittlung wegen des Verdachts der Untreue begonnen. Im Januar 2024 wurde sogar das Rathaus durchsucht. Der Bürgermeister fühlte sich zu Unrecht beschuldigt, gab aber noch im selben Monat seinen Wunsch bekannt, vorzeitig in den Ruhestand versetzt zu werden.
Nach ihrer Prüfung kam die Kommunalaufsicht zu dem Schluss, dass es keinen konkreten Grund für das Dauer-Homeoffice des Beamten ohne Arbeit gegeben habe. Dem Bund der Steuerzahler teilte die Kommunalaufsicht mit, dass sie davon ausgehe, der Bürgermeister habe den Beamten aus „persönlichen Gründen“ freigestellt. Auch seien dem Bürgermeister und seinem Büroleiter bewusst gewesen, dass der Beamte daheim beschäftigungslos war. Dem Beamten selbst sei wiederum keine Verletzung seiner Dienstpflicht vorzuwerfen. Warum nicht? Kurz zusammengefasst: Das Homeoffice wurde von der Leitung angeordnet und dafür, dass ihm keine Aufgaben zugeteilt wurden, konnte der Beamte auch nichts. Die Verbandsgemeinde hatte nicht einmal die für einen Homeoffice-Arbeitsplatz erforderliche technische Ausstattung gestellt. Insofern spricht die Kommunalaufsicht ganz klar von einem „gewollten Kaltstellen“.
Wer kommt nun für den finanziellen Schaden von rd. 600.000 Euro auf? Womöglich der verantwortliche Bürgermeister. So hat die Verbandsgemeinde beschlossen, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, eine Schadenersatzklage gegen diesen einzureichen. Dennoch war es bis zur rheinland-pfälzischen Kommunalwahl und Bürgermeisterwahl im Juni 2024 zu keiner Klageerhebung gekommen.
Foto: terovesalainen
Der Bund der Steuerzahler fordert
Dieser Fall sollte eine Warnung für jeden Politiker sein, missliebige Beamten auf Kosten der Steuerzahler ins Homeoffice-Exil zu verbannen. Deshalb muss die Verbandsgemeinde Betzdorf-Gebhardshain jede Möglichkeit nutzen, um Regress gegen den Verantwortlichen geltend zu machen. Doch es geht nicht nur um Geld, sondern auch um die Wiederherstellung des Vertrauens der Bürger in die Verwaltung.
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