
Abrissbirne statt Trainingszentrum?
Zukunft von 11,77 Mio. Euro teurem Grundstück ungewiss
Was ist passiert?
Niedersachsen/Oldenburg. Bei der symbolischen Schlüsselübergabe an den Niedersächsischen Innenminister im Juni 2018 waren sich alle Beteiligten sicher: Auf dem ehemaligen Industriegelände an der Bloherfelder Straße, das das Land ein halbes Jahr zuvor erworben hatte, entsteht eines der modernsten Polizei-Trainingszentren Deutschlands. Künftig würden Polizeibeamte hier unter realistischen Bedingungen auf alltägliche, aber auch extreme Einsatzszenarien vorbereitet.
Laut ersten Planungen sollte dafür in den Hallen sogar eigens eine Kleinstadt mit Häusern, Ladengeschäften, einer Polizeiwache sowie Straßen und Plätze nachgebaut werden. Büro- und Seminarräumlichkeiten sollten dank modernster Medientechnik die Vor- und Nachbereitung der Trainingseinheiten ermöglichen.
Während mit der Zentralen Kriminalinspektion (ZKI) ein Teil der Oldenburger Polizeidirektion tatsächlich in das Bürogebäude einziehen konnte, ist von dem Trainingszentrum, das mit rund 10.000 qm einen bedeutenden Teil des Areals beanspruchen sollte, bis heute nichts zu sehen.
Der Grund: Nach dem Kauf stellte sich heraus, dass der bauliche Zustand der größten Halle deutlich schlechter war als angenommen. Infolgedessen wurden sämtliche Hallen für einen möglichen Trainingsbetrieb gesperrt, der größten Halle droht sogar der Abriss.
Dabei war nach Auskunft des Finanzministeriums vor dem Kauf eigens ein Verkehrswertgutachten erstellt worden. Dieses attestierte allen Hallen altersentsprechend einen guten bis sehr guten Unterhaltungszustand. Der Kaufpreis wurde auf 11,77 Mio. Euro festgelegt und der Vorbesitzer vor Grundstücksübergabe zur baulichen Herrichtung der von der ZKI beanspruchten Büroflächen verpflichtet. Später kamen jedoch Zweifel an der Begutachtung auf. So soll zum Zeitpunkt der Besichtigung eingelagerte Kleidung den Blick auf einige Gebäudeteile versperrt haben.
Wie die zwischenzeitliche Verschlechterung des baulichen Zustands der Hallen zu erklären ist, vermochte das Ministerium nicht aufzuklären. Das ist sonderbar und Steuerzahler fragen sich deshalb: Hat das Land womöglich – zumindest in Teilen – eine Schrottimmobilie erworben? Das Finanzministerium wiegelt ab: Die Nutzung der Hallen als Polizei-Trainingszentrum sei nicht der vorrangige Grund für den Grundstückserwerb gewesen. Man habe die Chance genutzt, sich „in einer Stadt mit angespanntem Immobilienmarkt, Grundstücks- und Hallenflächen für künftige weitere Entwicklungsmöglichkeiten des Landes zu sichern“.
Überzeugen kann diese Erklärung über einen angeblichen Vorratskauf jedoch nicht, denn die Polizei hatte schon wenige Wochen nach dem Immobilienerwerb ein grobes Nutzungskonzept für das Gesamtareal vorgelegt. Und das zielte gerade auf die Nutzung der Hallen als Trainingszentrum ab.
Was nun künftig mit dem Gelände und den Hallen geschehen soll, ob das Trainingszentrum trotz der Zustandsverschlechterung realisiert werden kann und welche Kosten dabei anfallen, soll nun ein bereits in Auftrag gegebenes Gesamtkonzept klären, das bis Ende 2022 vorliegen soll.
Foto: Jan Vermöhlen

Der Bund der Steuerzahler meint
Das Land Niedersachsen hat ein bebautes Grundstück erworben, ohne die Bausubstanz gewissenhaft zu prüfen. Ob das großspurig angekündigte Trainingszentrum der Polizei realisiert wird, steht in den Sternen. Fest steht nur: Für die bereits bezahlten Hallen wird der Steuerzahler nochmals zur Kasse gebeten – sei es für eine Sanierung oder einen Abriss.
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