
„29-Euro-Ticket für alle“
Für weniger als einen Euro am Tag durch die ganze Hauptstadt
Was ist passiert?
Berlin. Nach der verpatzten Abgeordnetenhauswahl von 2021 wurde in Berlin im Februar 2023 ein neues Landesparlament gewählt. In dem kurzfristig anberaumten Wahlkampf hatte die Berliner SPD-Kandidatin auf ihren Plakaten für ein „29-Euro-Ticket für alle“ geworben. Auch die CDU hatte sich ein ähnlich billiges Ticket ins Wahlprogramm geschrieben: „Wir werden ein 365-Euro-Ticket anbieten.“ In diesem Fall war der Preis für ein ganzes Jahr gemeint. Im April 2023 übernahm schließlich ein neuer schwarz-roter Senat die Regierungsgeschäfte.
Seit Juli 2024 können sich die Nutzer des öffentlichen Personennahverkehrs im Berliner Stadtgebiet nun tatsächlich über das versprochene 29-Euro-Ticket freuen. Dies tritt damit in direkte Konkurrenz zu dem bereits im Mai 2023 eingeführten Deutschlandticket, das zwar bundesweit gültig, allerdings mit 49 Euro im Monat auch etwas teurer ist.
Da die Einführung des Deutschlandtickets zu Mindereinnahmen bei den Verkehrsunternehmen führt, beteiligt sich der Bund in den Jahren 2023 bis 2025 mit jährlich 1,5 Mrd. Euro an den Kosten. Den gleichen Betrag steuern die Länder bei. Der aus dem Berliner Landeshaushalt für das Deutschlandticket aufzubringende Anteil beträgt jährlich 135,7 Mio. Euro.
Für das 29-Euro-Ticket muss Berlin aus dem Landeshaushalt zusätzlich nochmals bis zu 300 Mio. Euro jährlich aufbringen. Zentrale politische Begründung für dessen Einführung war, dass selbst 49 Euro monatlich für das Deutschlandticket für viele Berliner noch zu teuer seien. Dabei war für Bezieher von Sozialleistungen erst Anfang 2023 der Preis für das Sozialticket von 27,50 Euro auf neun Euro gesenkt worden, Schüler können sogar bereits seit 2019 den ÖPNV in Berlin kostenlos nutzen.
Grundsätzlich steht die Bezuschussung des öffentlichen Personennahverkehrs aus Steuermitteln nicht ernsthaft infrage. Ohne diese wären z. B. die Verkehrsanbindung der Außenbezirke auch zu den Randzeiten sowie die Schüler- und Behindertenbeförderung nicht denkbar. Zugleich muss man aber bedenken, dass der ÖPNV auch schon in der Vergangenheit erheblich bezuschusst worden ist. So lagen z. B. die Erträge aus Steuermitteln 2023 bei den Berliner Verkehrsbetrieben für den Ersatz der Einnahmeausfälle aus der Schüler- und Schwerbehindertenbeförderung, aus Ausgleichsleistungen und aus dem Verkehrsvertrag mit dem Land Berlin rd. 42 Prozent höher als die Einnahmen aus dem Ticketverkauf.
Foto: Alexander Kraus
Alternative Investition
Die klimagerechte Modernisierung und Erweiterung des Berliner ÖPNV wäre dringender gewesen als ein fast kostenloses Ticket für alle nach dem Gießkannenprinzip.
Der Bund der Steuerzahler kritisiert
Die Berliner Steuerzahler kommt die Umsetzung des Wahlversprechens eines „29-Euro-Tickets für alle“ teuer zu stehen. Ein gewisser Eigenanteil wäre den Nutzern durchaus zuzumuten.
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Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
Das Berliner 29-Euro-Ticket ist für mich als Rentnerin ein Segen. Das Deutschland-Ticket ist für mich zu teuer - und ich bin auch nur in Berlin unterwegs und nicht in ganz Deutschland. Außerdem wird das D-Ticket ja auch teurer. Nach Abzug der fixen Kosten bleiben von meiner Rente monatlich noch 420 Euro übrig. Sie schreiben: "Ein gewisser Eigenanteil wäre den Nutzern durchaus zuzumuten". Das mag für die Mitglieder Ihres Steuerzahlerbundes zutreffen - aber nicht für ALLE Steuerzahler! Mit freundlichen Grüßen - H. Moritz
Sehr geehrte Frau Moritz,
die Bereitstellung von Mobilität ist ein sehr kostenintensives Gut. Dass der ÖPNV staatlich bezuschusst wird, halten wir für richtig und notwendig. Wenn Sie sich den Jahresabschluss 2023 der BVG ansehen, werden Sie feststellen, dass von den gut 1,6 Mrd. Euro Umsatzerlösen nur knapp 0,67 Mrd. Euro aus Tickerverkäufen kommen. Über 0,84 Mrd. Euro kommen vom Land Berlin für die Schüler- und Behindertenbeförderung sowie aus dem Verkehrsvertrag für die Unterstützung des ÖPNV ansich.
Die Gesamtaufwendungen belaufen sich auf über 1,8 Mrd. Euro. Die Personenkilometer betragen über 4,5 Mrd. KM, woraus sich Kosten von rund 40 Cent/KM und Person ergeben. Das ist fast so teuer wie ein billiger PKW! Busse verbrauchen z.B. pro Fahrgast rund 3,4 Liter Diesel auf 100 KM. Also ein bisschen Eigenbeitrag darf m.E. schon sein. ÖPNV muss auch nicht billiger als die Abnutzung an den Schuhen oder am Fahrrad sein.
Mit freundlichen Grüßen
Bund der Steuerzahler Berlin e.V.
Alexander Kraus
Vorstandsvorsitzender