
Wenn fehlender Klärschlamm teuer wird
Koblenzer Klärschlammvergasungsanlage zeigt, wie Klimaschutz nicht funktioniert
Was ist passiert?
Koblenz (RP). Die Stadt Koblenz in Rheinland-Pfalz wollte in Eigenregie einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. So gab es seit dem Jahr 2006 Überlegungen, die Entsorgungswege des eigenen Klärschlamms sicherzustellen. Dadurch sollten stabile Entsorgungskosten erreicht und zugleich der Energiebedarf sowie die CO2–Emissionen des Klärwerks gesenkt werden. Die Entscheidung für das sogenannte Projekt „LIFE+ SusTreat“ fiel nach der Zusage von EU-Fördermitteln von rund zwei Mio. Euro im Jahr 2008.
Im Zuge der weiteren Planung entschied sich Koblenz für den Bau einer Klärschlammtrocknungsanlage mit nachgeschalteter Klärschlammvergasung. Bei der Klärschlammvergasung wird der Klärschlamm bei geringer Sauerstoffzufuhr vergast, wodurch ein brennbares Gas entsteht, mit dem ein Blockheizkraftwerk betrieben und darüber Strom und Wärme erzeugt werden kann. Dabei kann die Wärme weitestgehend den Bedarf der Klärschlammtrocknung decken und der Strom wird vom Klärwerk genutzt.
Im August 2016 begann der Bau der Anlage, welche der Stadtentwässerung, einem Eigenbetrieb der Stadt Koblenz, gehört. Die Inbetriebnahme erfolgte Anfang 2018, die Abnahme dann Ende 2021. Und bereits im Januar 2023 wurde die Anlage auch schon wieder außer Betrieb gesetzt, bis heute.
Das Hauptproblem ist, dass es am nötigen Klärschlamm für den Dauerbetrieb der Anlage mangelt. Diese ist nämlich auf eine Normallast von 3.350 Tonnen TM/a (Trockenmasse pro Jahr) und auf eine Maximalmenge von 4.000 Tonnen TM/a ausgelegt. Allerdings haben in Koblenz die Schlamm- und Abwassermengen in den vergangenen Jahren nicht zugenommen, sondern sind sogar deutlich auf etwa 2.400 Tonnen TM/a im Jahr 2023 gesunken.
Anfänglich wollte Koblenz auch kein zusätzliches Personal für die Anlage einstellen und entschied sich daher für einen externen Dienstleister. Das ging aber nicht lange gut: Der Dienstleister hatte nun selbst mit verschiedenen Problemen zu kämpfen. So musste er beständig geschultes Personal vorhalten, obwohl es wegen des mangelnden Klärschlamms zu einer unsicheren Betriebsauslastung der Anlage kam. Laut Presse lief die Anlage im Jahr 2022 nur rund 1.000 Stunden, umgerechnet also weniger als 42 volle Tage. Der Dienstleister kam daher zum Schluss, dass die wenigen Betriebsstunden ein nicht kalkulierbares Risiko für die Haltbarkeit der Anlagentechnik darstellen würden. Er kündigte den Vertrag zum 31.12.2023 und Koblenz stand nun ohne ausreichenden Klärschlamm und ohne Fachpersonal da. Doch selbst im Jahr 2025 betonte die Stadt gegenüber dem Bund der Steuerzahler noch immer, dass die Außerbetriebnahme nur „vorläufig“ sei und an beiden Problemen gearbeitet werde. Dazu gehöre der Umbau bestehender Trockengutsilos für eine „Fremdschlammannahme“ und die Rekrutierung von Fachpersonal. Doch gerade Letzteres gestaltet sich – wie die Stadt zugab – sehr schwierig.
Das ist ein Fiasko – denn laut der Stadt Koblenz liegen die Kosten der Gesamtmaßnahme bei rund 17,5 Mio. Euro, der Anteil der eigentlichen Klärschlammvergasungsanlage bei ca. 7,8 Mio. Euro. Dazu kommen ca. 220.000 Euro pro Jahr an Wartungskosten, um die seit mehr als zwei Jahren stillgelegte Anlage im betriebsfähigen Zustand zu halten.
Foto: Stadtentwässerung – Eigenbetrieb der Stadt Koblenz
Der Bund der Steuerzahler fordert
Koblenz wagte sich an ein teures Energieprojekt – hat aber nur gezeigt, wie man sich komplett verheben kann. Die Stadt sollte einen Verkauf der Anlage prüfen und so versuchen, ihre Verluste zu begrenzen. Ob wirklich in Eigenregie ausreichend Fachpersonal und Klärschlamm für den Betrieb akquiriert werden können, scheint nämlich höchst zweifelhaft zu sein.
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