Newsletter

Der Schutz Ihrer Daten ist uns wichtig. Diese Hinweise zum Datenschutz finden Sie in unseren Datenschutzrichtlinien. Diesen stimme ich zu.

Die mit einem * gekennzeichneten Felder sind Pflichtfelder


Besuchen Sie uns

News Bild 2244
  • Sachsen-Anhalt
  • Teure Diener
30.09.2025

Verzögerte Einführung der elektronischen Akte kostet Millionen

Papier ist geduldig - erhebliche Zusatzkosten bei den Gerichten

Scrollenaccordion-icon

Was ist passiert?

Sachsen-Anhalt. Um im Rahmen der Digitalisierung der Justiz künftig insbesondere Papier und damit Kosten zu sparen, sollte die Einführung der elektronischen Akte in Sachsen-Anhalt laut aktuellem Koalitionsvertrag spätestens im Jahr 2025 abgeschlossen sein. System- und Medienbrüche sollten vermieden werden.

Im Jahr 2022 gab sich das Landesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (MJ) auf Nachfrage des Steuerzahlerbundes noch optimistisch. Das Ministerium schrieb im Mai 2022: „Auch wenn die Umstellung gravierend und im Hinblick auf das gesetzlich vorgegebene Ziel sehr ambitioniert ist, arbeiten wir mit Hochdruck daran, dass der Termin gehalten werden kann.“

Doch daraus wird nun nichts. Inzwischen musste das Ministerium einräumen, dass sich mindestens in der ordentlichen Gerichtsbarkeit einschließlich der Strafgerichte und den Staatsanwaltschaften die Einführung der E-Akte über den 1.1.2026 hinaus verschieben wird. Besonders ärgerlich ist dies deshalb, weil seit dem 1.1.2022 sogenannte professionelle Einreicher (u. a. Rechtsanwälte und Notare) ihre Schriftsätze auf elektronischem Weg übermitteln müssen. Die umgekehrte Pflicht für Gerichte, ab diesem Stichtag ebenfalls ausschließlich elektronisch zu versenden, wurde nicht festgelegt. 

Um das Verfahren effizient zu gestalten, ist jedoch neben dem elektronischen Postein- und Postausgang auch die Einführung der elektronischen Prozessakte notwendig.

Seit Jahren schon führt der papierbasierte Verfahrensablauf zu zusätzlichen Kosten für die Millionen Papierblätter, deren Druck und zusätzliche Portokosten. Allein bei den ordentlichen Gerichten und Staatsanwaltschaften liegt der Haushaltsansatz bei den allgemeinen Verwaltungskosten 2025 – entgegen dem allgemeinen Landestrend – um rund 850.000 Euro höher als die Ausgaben 2022. Auch die Portokosten sind im gleichen Zeitraum zusammen mit den Telefonkosten um ca. 700.000 Euro gestiegen. Besonders haushaltswirksam dürften aber die für die Sicherung der Abläufe in den Gerichten eingesetzten Personalkapazitäten zu Buche schlagen. Insgesamt führt dies seit 2022 zu zusätzlichen Kosten in Millionenhöhe.

Doch warum ist das so? Teilweise finden sich in der Praxis in den Gerichten skurrile Abläufe. Kaum sind die Schriftsätze der Einreicher im elektronischen Postfach bei den Gerichten angekommen, laufen auch schon die Drucker heiß und Papierberge werden an die Beteiligten verschickt. So hatte der „Bund der Richter und Staatsanwälte“ schon 2022 in einem Schreiben an den Bund der Steuerzahler kritisiert: „Die Gerichte des Landes sind immer stärker auch eine Druckerei, was neben den Sachkosten für zusätzliches Papier und leistungsstarke Drucker einen Personalmehraufwand mit sich bringt und in der Außenwirkung auf die Bevölkerung ein kaum vermittelbares Bild wirft.“

Die Ursachen für die Verzögerungen bei der Einführung der E-Akte sind nach Auffassung des Justizministeriums „multifaktoriell begründet“ – so das Ministerium in einem Schreiben an den Steuerzahlerbund im April 2025. Zum einen hätten sich die bis 2024 geltenden Strategieentscheidungen für eine zentrale Umsetzung beim IT-Dienstleister des Landes in wesentlichen Teilen als nicht umsetzbar erwiesen. Zum anderen hat das MJ offensichtlich den notwendigen und sehr hohen Ressourcen- und Personaleinsatz zur Implementierung der elektronischen Akte unterschätzt. Die Auswirkungen der derzeitigen Situation und verzögerten Einführung sind gravierend, auch wenn das MJ die hierdurch entstehenden zusätzlichen Kosten derzeit nicht näher beziffern kann. Eingeräumt wird im Schreiben vom April 2025, dass „[…] systemimmanent Medienbrüche auftreten, die sich nicht vollständig vermeiden lassen. Diese führen zu multidimensionalen Auswirkungen auf finanzielle, personelle und organisatorische Ressourcen.“ Außerdem stellt das Ministerium dar, dass mit Blick auf die Digitalisierungsrendite die vorgesehenen Kosteneinsparungen und Vereinfachungseffekte erst Jahre später eintreten werden: „Inwieweit […] finanzielle Einspareffekte im Bereich der Justiz eintreten, bleibt letztlich abzuwarten und ist derzeit nicht konkret absehbar, da auch Digitalisierung ein gewisses Maß an Bürokratie impliziert.“

Hinsichtlich der zu verzeichnenden Mängel wurde der „Bund der Richter und Staatsanwälte“ in seinem Schreiben an den Bund der Steuerzahler vom Mai 2025 allerdings konkreter: Obwohl im Jahr 2024 mehr als 20 Mio. Euro in die Digitalisierung investiert wurden, läuft die Umsetzung nur schleppend. „Besonders ins Gewicht fallen politische Versäumnisse in der Vergangenheit über mehrere Legislaturperioden, als die Digitalisierung der Justiz nicht mit der gebotenen Priorität behandelt wurde. Auch mangelhafte Planungs- und Koordinationsprozesse innerhalb der Verwaltung und Politik haben den Fortschritt gehemmt [...]. Gleichzeitig führen ineffiziente Abläufe, die sich aus der parallelen Nutzung analoger und digitaler Systeme ergeben, zu Verzögerungen in den Verfahren und mindern die Qualität der rechtlichen Bearbeitung.“

Aus Steuerzahlersicht sind die Zusatzkosten in Millionenhöhe frustrierend und ernüchternd. Digitalisierung und in der Folge Entbürokratisierung können nur gelingen, wenn einmal digital erfasste Daten auch in den weiteren Verfahrensschritten ohne Medienbrüche nutzbar sind. Erst dann kann die digitale Modernisierung zu den angestrebten Einsparungen in der Justiz selbst und bei allen Beteiligten führen und die Steuerzahler entlasten.

Foto: Bund der Steuerzahler Sachsen-Anhalt e. V.

Der Bund der Steuerzahler meint

Trotz einzelner Fortschritte in den Fachgerichtsbarkeiten hat es das Justizressort nicht geschafft, die gesetzlichen Vorgaben und eigenen Zielstellungen zur flächendeckenden Einführung der elektronischen Gerichtsakte umzusetzen. Notwendig ist ein effizienteres Handeln der Justiz insgesamt und der beteiligten Verwaltungen. Auch wenn das MJ die Auswirkungen nicht konkret beziffern kann, führt die gegenwärtige Situation und die weitere Verzögerung bei der Umstellung zu zusätzlichen Kosten in Millionenhöhe – zulasten der Steuerzahler.

Fragen an den Autor

Autor des Artikels

Ralf Seibicke

Spenden Sie für unsere Arbeit!

Als gemeinnützige Organisation sind wir auf Ihre Mithilfe angewiesen um Steuergeldverschwendungen wie diese aufzudecken. Unterstützen Sie uns mit einer kleinen Spende damit wir weiterhin Steuergeldverschwendung aufdecken können.

Kommentare und Antworten

×

Name ist erforderlich!

Geben Sie einen gültigen Namen ein

Gültige E-Mail ist erforderlich!

Gib eine gültige E-Mail Adresse ein

Kommentar ist erforderlich!

Akzeptieren der Bedingungen ist erforderlich!

bitte bestätigen

* Diese Felder sind erforderlich.

Sei der Erste, der kommentiert