
Hamburg Wasser: Vertrauen weggespült
Millionendebakel beim Klärschlammprojekt VERA II
Was ist passiert?
Hamburg. Es sollte ein ökologisch ambitioniertes Vorzeigeprojekt werden: die Klärschlammverwertungsanlage VERA II von Hamburg Wasser nebst Sanierung von Vera I. Rund 200 Mio. Euro waren ursprünglich für Planung und Bau veranschlagt. Doch der städtische Versorger Hamburg Wasser hat die Kontrolle über das Projekt längst verloren – sowohl finanziell als auch organisatorisch.
Bei Vertragsabschluss im Jahr 2021 wurden die Kosten für das Projekt mit 196 Mio. Euro angegeben. Doch im Herbst 2024 kam, unter anderem durch Recherchen des BdSt, heraus, dass die Summe auf 327 Mio. Euro steigen wird. Interne Unterlagen, die dem Bund der Steuerzahler Hamburg vorliegen, zeichnen ein erschütterndes Bild: Kostenexplosion, Projektchaos, Führungsversagen und systematische Intransparenz.
Was war also im Einzelnen passiert?
Bereits 2024 war unternehmensintern klar: Die technischen und wirtschaftlichen Ziele von VERA II wackeln. Die geplanten Kosten von 200 Mio. Euro waren aus dem Ruder gelaufen, weil es zu erheblichen Verzögerungen in der Planung und Ausführung kam, zentrale Kostenrisiken unterschätzt wurden und infolge gestiegener Bau- und Materialpreise umfangreiche Nachträge und Anpassungen erforderlich wurden. Hinzu kamen zusätzliche Anforderungen an Sicherheit, Steuerung und Dokumentation. Die interne Projektkommunikation war in dieser Phase lückenhaft, ein Controlling nicht erkennbar.
Doch statt Transparenz gab es noch bis Oktober 2024 strategische Zahlenspiele. Frühwarnungen von einem der beiden Geschäftsführer wurden offenbar ignoriert. Der Aufsichtsratschef, Staatsrat Anselm Sprandel (Umweltbehörde), war zwar spätestens seit September 2024 über die Missstände informiert, doch nach Aussage von Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) im Umweltausschuss sah Sprandel offenbar keine Notwendigkeit, den Senator zu informieren. Erst als der Bund der Steuerzahler bei Hamburg Wasser nachfragte und ein Hamburger Medium mit diesen Informationen Ende Oktober 2024 über die Kostenexplosion bei Vera II berichtete, wurde die Behörde aktiv – wies aber Vorwürfe zunächst immer noch zurück. Schließlich forderte die Opposition sämtliche Akten zu Vera II an.
Doch damit nicht genug: Mitten in der Krise eskalierte auch die Situation in der Geschäftsführung. Interne Zerwürfnisse führten im März 2025 schließlich zur Abberufung des Geschäftsführerduos.
Erst Druck aus Politik und Öffentlichkeit zwang Hamburg Wasser ab Februar 2025 zu einer ersten Aufarbeitung. Beendet ist diese noch lange nicht – aber die 127 Mio. Euro Mehrkosten sind definitiv schon verbrannt.
Und es könnte noch schlimmer kommen: Zwar ist in den 327 Mio. Euro bereits ein Puffer für Unvorhergesehenes in Höhe von 11,6 Mio. Euro enthalten. Allerdings sind die Kosten für die geplante Sanierung von VERA I noch immer nicht final berechnet, denn ein Teil des Auftrags ist noch gar nicht vergeben.
Foto: Sascha Mummenhoff
Alternative Investition
Mit den Mehrkosten hätte Hamburg rund 10 neue Grundschulen bauen können.
Der Bund der Steuerzahler meint
Der Fall VERA II ist ein Symbol für die Schwächen städtischer Beteiligungsführung in Hamburg: mangelnde Transparenz, politische Abschottung, ineffiziente Projektsteuerung und fehlende Konsequenzen. Für den Bund der Steuerzahler ist klar: Das Vertrauen in Hamburg Wasser und seine politischen Aufsichtsgremien ist schwer beschädigt.
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