
Diesen Streifen kann man streichen
Diesen Fahrradstreifen hätte es eigentlich nie geben dürfen. Wer hat versagt?
Was ist passiert?
Hamburg. Radfahrer in Hamburg haben es nicht immer leicht. Auch wenn die Hansestadt unter Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) mehr und mehr zur Biker-freundlichen Metropole ausgebaut wird, so fehlt doch an vielen Stellen der Raum für sichere Radwege. Eine Behelfslösung sind da die sogenannten Fahrradstreifen. Hierfür wird ein mindestens 1,50 Meter breiter Teil der Straße mittels Linienmarkierung von der Fahrbahn abgetrennt. Autos dürfen diesen Bereich nur im Ausnahmefall befahren. Auf diese Weise soll immer genug Abstand zwischen den Radlern und dem motorisierten Verkehr gehalten werden.
Auch an der Elbchaussee wurde nach der umfassenden Sanierung der Fahrbahn auf rund 1,6 Kilometer Länge ein Fahrradstreifen installiert. Geplant hatte den die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende von Senator Tjarks. Doch das hätte offenbar niemals passieren dürfen, denn die Straße ist für diese Maßnahme viel zu stark befahren. So sieht es zumindest die ebenfalls zuständige Straßenverkehrsbehörde, die trotz der Namensähnlichkeit nicht bei Anjes Tjarks angesiedelt ist, sondern zur Innenbehörde von Senator Andy Grote (SPD) gehört. In einem internen Dokument heißt es dort: „Schutzstreifen dürfen nur markiert werden, wenn die Verkehrszusammensetzung eine Mitbenutzung des Schutzstreifens durch den Kraftfahrzeugverkehr nur in seltenen Fällen erfordert. Dies kann für eine Hauptverkehrsstraße mit zusätzlichem ÖPNV-Verkehr nicht angenommen werden. Die Markierung des Schutzstreifens ist insofern unzulässig und nicht vorzunehmen!“ Die Folge: Der nagelneue Fahrradstreifen musste wieder entfernt werden.
Aber wieso kam diese Erkenntnis erst, nachdem die Maßnahme bereits umgesetzt worden war? Das hat Bezirkspolitiker Benjamin Harders (Grüne) herausgefunden. Nachdem er aus der Zeitung erfahren hatte, dass der Streifen entfernt wird, bat er bei den zuständigen Behörden um mehr Informationen. Bei der Innenbehörde biss er jedoch auf Granit. Erst nachdem er vor dem Verwaltungsgericht eine Klage nach dem Hamburger Transparenzgesetz eingebracht hatte, erhielt er Einblick. Gegenüber dem Bund der Steuerzahler äußert er seinen Eindruck: „Die bei der Innenbehörde angesiedelte untere Straßenverkehrsbehörde der Polizei hatte – aufgrund der Planungen – den Umbau mitsamt der Schutzstreifen im Jahr 2021 rechtlich wirksam angeordnet. Es gab also aus der Innenbehörde heraus eine offizielle Freigabe für die Maßnahme. Die zentrale Straßenverkehrsbehörde und die oberste Straßenverkehrsbehörde in der Behörde für Inneres und Sport wussten aber nichts davon und schoben die Schuld nach Fertigstellung drei Jahre später öffentlich auf einen vermeintlichen Planungsfehler der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende.“
Die Behörde von Verkehrssenator Anjes Tjarks antwortete dementsprechend im Juni auf Anfrage des BdSt: „Es war weder ein Planungs-, noch ein Vermessungsfehler.“ Die Innenbehörde unterdessen reagierte zunächst überhaupt nicht auf ein Auskunfts-Ersuchen für das Schwarzbuch. Später wurde auf Antworten im Rahmen einer Kleinen Senatsanfrage vom Oktober 2024 verwiesen. Dort heißt es unter anderem: „Der benannte Abschnitt ist regelkonform geplant und umgesetzt worden.“ Also kein Fehler. Nirgendwo.
Doch ganz gleich, wer den Kurzzeit-Fahrradstreifen letztlich zu verantworten hat: Bezahlen muss ihn am Ende der Steuerzahler. Die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende spricht von Kosten in Höhe von 90.000 Euro für das Entfernen der Schutzstreifen-Markierungen, das Aufbringen der Piktogramme sowie für neue Verkehrssicherungsmaßnahmen gemäß Anordnungen der Polizei – 90.000 Euro also nur für einen „Umweg“, d. h. für die Behebung einer fehlerhaften Maßnahme.
Die öffentlichen Kosten, die im Rahmen des Auskunftverfahrens angefallen sind, sind derweil unbekannt. Die Innenbehörde behauptet gegenüber dem BdSt sogar, dass die Herausgabe der Informationen „zu keinem Zeitpunkt“ abgelehnt worden sei. Dem Antragsteller Harders seien zunächst „umfangreiche Teilinformationen“ mit dem Hinweis übersandt worden, dass die Prüfung der weiteren Dokumente weitere Zeit in Anspruch nehmen werde. Die eingereichte Klage sei nach Auffassung der Polizei unzulässig gewesen.
Foto: Tobias Pusch
Der Bund der Steuerzahler meint
Hätte es den Fahrradstreifen geben dürfen? Nein! Hätte man diesen Fehler verhindern können? Ja! Hier hat mindestens eine Behörde geschlafen. Verantwortlich will am Ende aber keiner sein. Für den Fehler zahlen muss am Ende leider so oder so die Allgemeinheit.
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