
Baumwipfelpfad verschlingt Millionenbetrag
Vergiftetes Fördergeschenk für Bad Iburg
Was ist passiert?
Bad Iburg (NI). Von April bis Oktober 2018 fand in der Kleinstadt Bad Iburg die sechste Niedersächsische Landesgartenschau (LaGa) statt. Als besondere Attraktion errichtete die Stadt einen ca. 600 Meter langen Baumwipfelpfad. Die Krux: Der Pfad war nicht Bestandteil der originären Gartenschauplanungen, sondern wurde dem Stadtrat erst im Dezember 2016 als ergänzende Baumaßnahme zur LaGa vorgestellt. Damals ging man noch davon aus, dass sowohl die Errichtung als auch der Betrieb des Pfads privat erfolgen könne. Weil sich jedoch kein privater Investor fand und die Stadt die Investitionskosten allein nicht stemmen konnte, stand der Baumwipfelpfad auf der Kippe. Im Mai 2017 gab das niedersächsische Wirtschaftsministerium überraschend bekannt, dass es den geplanten Pfad als touristisches Infrastrukturprojekt mit zwei Mio. Euro fördern würde. Die Stadt griff zu und verpflichtete sich im Gegenzug, den Baumwipfelpfad mindestens 15 Jahre lang zu nutzen. Insgesamt schlugen Planung und Errichtung des Baumwipfelpfads mit ca. 5,2 Mio. Euro zu Buche.
Für die Errichtung sowie den anschließenden Betrieb gründete die Stadt Bad Iburg mit der Baumwipfelpfad UG eine eigene Tochtergesellschaft. Während der Gartenschau schien der Baumwipfelpfad zwar gut anzukommen, zusätzliche Einnahmen konnten aus den zahlreichen Besuchern jedoch nicht erzielt werden, weil der Baumwipfelpfadbesuch im LaGa-Ticket inkludiert war. So verzeichnete die Betreibergesellschaft im LaGa-Jahr 2018 ein Defizit von ca. 138.000 Euro.
Wegen der Auffrischung des Gartenschaugeländes nach dem Ende der LaGa schloss der Baumwipfelpfad mehrere Monate, ehe im April 2019 die Wiedereröffnung erfolgte und der Baumwipfelpfad zeigen musste, wie er als eigenständige Attraktion performt. Der Neustart war mit großen Erwartungen verbunden: Man ging sogar davon aus, kleine Überschüsse erwirtschaften zu können. Doch es kam anders: Im Wiedereröffnungsjahr 2019 fuhr die Baumwipfelpfad UG Verluste in Höhe von ca. 271.000 Euro ein. Das Folgejahr 2020 beendete sie mit einem Minus von rund 37.000 Euro.
Angesichts dieser Defizite waren die Betreiber auf der Suche nach Möglichkeiten, um die Attraktivität des Baumwipfelpfads zu steigern und das Betriebsergebnis zu verbessern. Da rückte ein Restaurant im städtischen Besitz direkt neben dem Pfad in den Blickpunkt, das seit Februar 2021 leer stand. Kurzerhand verpachtete die Stadt die Räumlichkeiten an die Baumwipfelpfad UG, die dort im Sommer 2021 die „Försterei“ eröffnete. Die Idee: Gewinne aus dem Restaurantbetrieb sollten die Verluste des Baumwipfelpfads wenigstens teilweise ausgleichen. Doch statt der erhofften Gewinne produzierte die „Försterei“ sogar noch zusätzliche Verluste, die das Ergebnis der Baumwipfelpfad UG noch weiter verschlechterten. Im Jahr 2021 lag das Minus der Gesellschaft bei ca. 215.000 Euro. Im Folgejahr 2022 wuchs der Verlust sogar auf rund 322.000 Euro – wovon allein 109.000 Euro auf das Restaurant entfielen. Zu Beginn des Jahres 2023 zogen die Verantwortlichen schließlich die Reißleine und beendeten das gastronomische Abenteuer „Försterei“.
Der Baumwipfelpfad verblieb hingegen noch bis Ende des Jahres 2024 in öffentlicher Hand, ehe er zum 1.1.2025 an einen privaten Betreiber verpachtet wurde. Unterm Strich dürfte der Baumwipfelpfad die Steuerzahler bereits mehr als 6,3 Mio. Euro gekostet haben. Trotz Pachteinnahmen wird der Baumwipfelpfad den Stadthaushalt auch weiterhin belasten, wenn auch in deutlich geringerem Ausmaß. Grund sind die jährlichen Abschreibungen sowie die noch immer auf dem Pfad lastenden Finanzierungskosten.
Foto: Nico Steinert
Der Bund der Steuerzahler kritisiert
Nur wegen der üppigen Landesförderung hat sich Bad Iburg zu dem Abenteuer Baumwipfelpfad hinreißen lassen. Der Fall ist damit exemplarisch für die Fehlanreize, die von derartigen Förderungen ausgehen – denn wenn jemand mit dem Scheckbuch winkt, bleibt die ökonomische Vernunft oft auf der Strecke.
Spenden Sie für unsere Arbeit!
Als gemeinnützige Organisation sind wir auf Ihre Mithilfe angewiesen um Steuergeldverschwendungen wie diese aufzudecken. Unterstützen Sie uns mit einer kleinen Spende damit wir weiterhin Steuergeldverschwendung aufdecken können.


Kommentare und Antworten
Sei der Erste, der kommentiert